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Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie – Vorstellung und Kritik

Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie – Vorstellung und Kritik

Letztes Update: 09. September 2025

Der Artikel stellt das Album „Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie“ vor und liefert eine fundierte Kritik. Er beleuchtet Wen zels Interpretation der Woody Guthrie-Songs und ihre Bedeutung im aktuellen musikalischen Kontext.

Zwischen Staub und Uhrenklang: Wenzel singt Woody Guthrie mit Herz, Hand und Haltung

Der Titel klingt wie ein Rhythmus. Die Uhr tickt, der Wind weht, die Straßen rauschen. In diesem Puls bewegt sich Wenzels Hommage an eine amerikanische Ikone. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie ist kein bloßes Coveralbum. Es ist ein Gespräch über Zeiten, Zorn, Trost und Humor. Es ist ein europäischer Blick auf die USA, der nicht von Ferne spricht, sondern nah atmet.

Das Album erschien am 10. Februar 2003. Vierzehn Stücke fügen sich zu einem kompakten Zyklus. Es sind Lieder über Wege, Arbeit, Liebe und Flucht. Es sind Lieder, die aus dem Staub der Geschichte steigen und die Gegenwart prüfen. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie ist damit auch ein Kommentar. Er richtet sich an Ihr Ohr, aber auch an Ihr Gewissen.

Ein Album als Brücke

Woody Guthrie war ein Sänger der Straße. Er sang für die, die keine Lobby hatten. Wenzel kommt aus der Schule des Chansons. Er liebt das Wort, den feinen Ton, den Blick für das Kleine. Zwischen beiden entsteht hier eine Brücke. Auf der einen Seite der staubige Highway. Auf der anderen Seite das Café mit Holzstühlen. Die Brücke trägt.

Diese Verbindung funktioniert, weil die Haltung stimmt. Wenzel verbeugt sich, ohne stumm zu werden. Er duldet Risse und sucht die Kanten. Er findet einen eigenen Zugang. So entsteht kein Museum. Es entsteht lebendige Musik.

Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie

Die Entscheidung für diesen Albumtitel wirkt offen und klar. Er sagt Ihnen: Hier singt Wenzel, aber Guthrie spricht mit. Er sagt auch: Es geht um Zeit. Um Takt und Strecke. Um das gemeinsame Atmen dieser Lieder. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie ist so auch ein Satz mit zwei Subjekten. Beide sind hörbar, und beide haben Recht.

Der Titel lädt ein, die Uhr zu hören. Er lädt Sie ein, den Schritt zu spüren. Er macht neugierig auf Töne, die nicht glänzen müssen, um zu halten. Das Programm ist ehrlich.

Veröffentlichung und Rahmen

2003 war kein ruhiges Jahr. Es war voller Krisen und Fragen. Vielleicht passt deshalb dieses Album genau in die Zeit. Es bietet keine Parolen. Es bietet Haltung. Die vierzehn Stücke sind kompakt. Sie dauern meist drei bis vier Minuten. Ein Song tanzt aus der Reihe. "I Don't Feel at Home on the Bowery No More" streckt sich über fünf Minuten. Das ist mutig und sinnvoll. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie will Raum lassen.

Auch das Format wirkt bewusst. Eine CD, kein üppiges Paket. Es geht um Lieder. Um den Kern. Um einen klaren Klang. Um Sätze, die schnell treffen und dann nachhallen.

Klangbild und Produktion

Das Klangbild ist warm und organisch. Akustische Gitarren tragen die meisten Stücke. Eine Geige huscht ins Bild. Ein Akkordeon nimmt die Luft auf. Der Bass kommt weich von unten. Die Drums bleiben oft im Hintergrund. Das erzeugt Nähe. Es macht Platz für den Erzählton. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie strahlt in erdigen Farben.

Die Produktion zielt nicht auf Glanz. Sie sucht Textklarheit. Sie lässt Nebengeräusche leben. Ein Atemzug, ein Rutschen über Saiten, ein Klicken. All das schafft Raum. Es passt zu Guthries nacktem Ansatz. Und es passt zu Wenzels Liebe für das Detail.

Stimme, Sprache, Akzent

Wenzels Stimme ist markant. Sie hat Kanten und Milde. Sie klingt nie artig. Sie will Ihnen etwas erzählen. Im Englischen bleibt ein leichter Akzent. Das ist kein Makel. Es ist ein Charakterzug. Der Blick von außen ist hörbar. Er macht die Lieder neu.

Wenzel phrasiert behutsam. Er setzt Pausen an klugen Stellen. Er lässt Silben wachsen. Er kann rau werden und dann wieder sacht. Diese Beweglichkeit trägt die Arrangements. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie gewinnt so an Tiefe. Sie hören ein Gespräch, kein Zitat.

Der rote Faden: Zeit, Arbeit, Fahrt

Die Auswahl deckt viele Seiten Guthries ab. Da sind Stücke über Arbeit und Weg. Da sind Liebeslieder. Da sind Kinderstücke mit Witz. Der Faden ist die Zeit. Es tickt im Titel. Es tickt im Schritt der Figuren. Die Songs bewegen sich, und Sie gehen mit.

Auch die Fahrt ist ein Thema. Flüsse, Straßen, Winde. "Been Down the River Too Long" öffnet die Tür. Der Fluss ist ein Bild fürs Leben. Für das Müde und das Trotzige. So setzt das Album seinen Auftakt: ruhig, bestimmt, ohne Eile.

Der Titeltrack als Herzstück: Ticky Tock

"Ticky Tock (English version)" legt den Puls frei. Der Song klingt kindlich und zugleich hart. Er fragt, was Zeit mit uns macht. Er zählt, er mahnt, er lächelt. Die Instrumente bleiben schmal. Die Gitarre klackt, das Akkordeon atmet. Wenzels Stimme führt. So wächst aus dem kleinen Wort ein großes Bild. In Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie ist dies der heimliche Schlüssel.

Der Track bricht den Ernst der Arbeitslieder. Er führt Ihr Ohr an das Spielerische heran. Doch er bleibt wach. Er nimmt die Zeit nicht leicht. Er nimmt sie ernst, in schlichten Worten.

Staub und Flucht: Dust Bowl Refugee

"Dust Bowl Refugee" spricht hart und klar. Es geht um Vertreibung. Um die Suche nach Brot. Um die Würde im Staub. Wenzel hält die Stimme tief. Die Gitarre schlägt trocken. Der Bass atmet Raum. Es entsteht eine stille Spannung. Sie kriecht unter die Haut.

Hier zeigt sich der Respekt vor Guthries Erbe. Keinerlei Pathos. Keine Tränenpeitsche. Nur ein Bericht in Tönen. Sie fühlen den Staub, doch Sie ertrinken nicht darin. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie bietet so Empathie ohne Dröhnen.

Großstadtfremde: I Don't Feel at Home on the Bowery No More

Der längste Song ist eine Studie in Fremdheit. Die Bowery ist laut. Sie ist roh. Sie ist nicht mehr Heimat. Wenzel nimmt sich Zeit. Er dehnt die Sätze. Er lässt Nebelschwaden durch die Harmonien ziehen. Ein Hauch von Blues weht herein. Das passt zum Text. Es wirkt nie dick aufgetragen.

Der Song verbindet Milde und Müdigkeit. Er zeigt, wie Stadt auch vertreibt. Nicht nur der Wind jagt Menschen weiter. Manchmal jagt es die Neonröhre. Das ist ein heutiges Thema. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie klingt hier erstaunlich aktuell.

Zärtliche Lichter: He and She, Blue Eyes

Es gibt zarte Momente. "He and She" ist leicht, fast flüsternd. Es malt zwei Figuren in wenigen Strichen. "Blue Eyes" blickt still und warm. Ein leises Vibrato erinnert an Chanson. Doch das Lied bleibt amerikanisch in der Form. Diese Mischung steht Wenzel gut.

Die Instrumentierung bleibt fein. Kleine Linien, wenig Ballast. Das lässt Wärme zu. Es lässt Pausen atmen. So bekommt Ihre Fantasie Raum. Sie sehen die Gesichter. Sie hören die Stille zwischen zwei Herzen.

Kinderlieder, Kichern und Kanten: Jinga Linnng, I Like to Stay Home With Daddy

Guthrie war auch ein Sänger für Kinder. "Jinga Linnng (English version)" und "I Like to Stay Home With Daddy" zeigen das. Wenzel singt sie ohne Zuckerguss. Er gibt den Songs ein Augenzwinkern. Er vermeidet Hektik. So gewinnen diese Stücke Würde. Sie sind lustig, aber nie flach.

Gerade in dieser Schlichtheit liegt eine Kunst. Es ist schwer, einfache Lieder ernst zu nehmen. Es ist noch schwerer, sie ernsthaft zu singen. Hier gelingt das. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie zeigt damit auch Humor mit Haltung.

Weitere Stationen: Ozean, Erde, Wind

Zwischen den großen Titeln liegen Perlen. "Been Out on an Ocean Trip" trägt Salz in der Luft. Das Akkordeon kreidet die Bordwand nach. "If I Was Everything on Earth" spielt mit einem großen Wunsch. Es fragt leise, was Macht wäre, wenn sie Güte ist.

"Every 100 Years" und "Ashes to Ashes, Dust to Dust" legen einen ernsten Teppich. Sie blicken auf Zyklen, auf Ende und Anfang. "Ninety Mile Wind" und "Blow, Big Wind" weiten den Horizont. Der Wind kommt als Bild für Wandel, Risiko und Mut. Diese Motive halten das Album zusammen. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie wird so zu einer Reise, die nie krachend, aber stets zielbewusst geht.

Dramaturgie und Reihenfolge

Die Reihenfolge der Stücke ist klug. Der Einstieg mit Fluss und Staub legt die Basis. Dann kommt Liebe, dann kommt Stadt. Humor lockert, aber nur kurz. Am Ende steht der Wind. Er treibt Sie hinaus, nicht fort. So bleibt eine offene Tür.

Die Dramaturgie folgt nicht einem Konzeptalbum im strengen Sinn. Doch sie bildet Bögen. Sie streut Gewichte an die richtigen Stellen. Das hält das Ohr wach. Sie bleiben dabei. Sie wollen wissen, was das nächste Lied sagt.

Wenzel im eigenen Werk

Wenzel ist kein Fremder in der Welt der Übersetzungen. Er hat Dichter gesungen. Er hat Folk und Chanson verbunden. Dieses Album passt in diese Spur. Es zeigt seinen Respekt für Text. Es zeigt seine Liebe zur Bühne, auch im Studio.

Gleichzeitig ist es ein Statement. Es sagt: Das alte Lied lebt, wenn wir ihm zuhören. Es sagt auch: Ein deutscher Künstler darf Amerika lesen. Und er muss nicht so tun, als wäre er dort geboren. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie ist europäisch und ehrlich.

Kritik und Reibungspunkte

Gibt es Schwächen? Ja, ein paar. Manchmal klingen die ruhigen Tempi ähnlich. Zwei, drei Songs hätten mehr Kontrast vertragen. Auch der Akzent wird manchem strengem Ohr auffallen. Doch der Akzent ist Teil der Aussage. Er zeigt Herkunft, nicht Mangel.

Einige Hörer wünschen sich vielleicht mehr Brüche. Ein wildes Solo, ein Schrei, ein harscher Beat. Doch die Stärke liegt im Maß. In der Ruhe, die nicht einschläfert. In der Wärme, die nicht weichspült. Darin bleibt das Album stimmig.

Vergleich mit anderen Coveralben

Viele Musiker haben Guthrie gesungen. Oft mit viel Tradition im Rücken. Manchmal mit Punk im Blut. Wenzels Ansatz ist anders. Er ist kammermusikalisch. Er ist erzählerisch. Er vertraut auf kleine Gesten.

So entsteht ein eigener Platz. Es ist kein Museum, kein Denkmal, kein Schrei. Es ist ein offenes Zimmer mit Fenstern auf beide Seiten. Die eine zeigt auf die Great Plains. Die andere auf Berliner Hinterhöfe. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie balanciert diese Aussicht mit feinem Sinn.

Resonanzraum Gegenwart

Viele Themen kommen uns heute bekannt vor. Flucht. Wohnungslosigkeit. Der Preis der Stadt. Die Wucht der Arbeit. Die Fragen nach Würde. Diese Lieder sind alt. Aber sie klingen frisch. Sie bleiben notwendig.

Gerade darin liegt die Kraft dieses Projekts. Es weckt keine Nostalgie. Es fordert Empathie. Es lädt Sie ein, die Brücke zu betreten. Sie sehen das andere Ufer. Sie sehen aber auch Ihr eigenes. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie wirkt so wie ein stiller Spiegel.

Bühnenfantasie und Hörkino

Beim Hören stellen Sie sich die Bühne vor. Eine Lampe, Holz, Atem. Ein Akkordeon, das im Halbkreis liegt. Eine Geige, die aufblinkt. Sie sehen Hände, die am Capo rücken. Sie hören einen Schritt auf dem Boden. Diese Bilder entstehen, weil die Produktion Platz lässt.

Das Album denkt an die Bühne. Es hält die Songs aufführbar. Es will nicht nur im Studio glänzen. Es will unter Menschen klingen. Das ist Folk im besten Sinn. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie denkt an Sie als Hörer und als Zeugen.

Für wen ist dieses Album?

Für Folk-Fans natürlich. Für Leseratten ebenso. Für Freundinnen des feinen Tons. Für Hörerinnen, die kleine Arrangements lieben. Für Menschen, die Texte mögen, die etwas wollen. Für Menschen, die Musik als Gespräch verstehen.

Wenn Sie Wenzel kennen, wird es Sie nicht überraschen. Wenn Sie ihn neu entdecken, ist es ein guter Einstieg. Es zeigt seine Stärken. Es zeigt sein Maß. Es zeigt sein Ohr für Würde und Witz. Sie werden nicht mit Bombast erschlagen. Sie werden mit Respekt empfangen.

Fazit: Ein leiser Triumph

Wenzel wagt sich an ein großes Erbe. Er verkleinert es nicht. Er bläht es nicht auf. Er trägt es achtsam durch die Zeit. So entsteht ein Album, das ruhig atmet und lange wirkt. Es ist kein Ereignis für die Schlagzeile. Es ist ein Begleiter für viele Abende.

Wenn Sie eine Stunde mit warmem Klang suchen, hören Sie hinein. Wenn Sie Texte schätzen, die klar und offen sind, bleiben Sie. Wenn Sie wissen wollen, wie transatlantische Übersetzung klingen kann, dann ist dies ein gutes Beispiel. Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie hält die Balance aus Nähe und Distanz. Es ist eine Verbeugung, die selbst aufrecht steht.

Am Ende bleibt ein Eindruck von Hände-Arbeit. Von Holz, von Luft, von Staub. Von Hoffnung, die nicht brüllt, sondern geht. Von Liedern, die Sie begleiten, ohne sich vorzudrängen. Die Uhr tickt weiter. Doch der Takt wirkt menschlich. Genau darin liegt die Stärke von Wenzel Ticky Tock: Wenzel Sings Woody Guthrie.

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Neben Wenzel gibt es auch andere bemerkenswerte Künstler in der Chanson- und Liedermacher-Szene. Ein Beispiel ist Gerhard Gundermann, dessen Album Gerhard Gundermann Oma Else: Eine Hör-Geschichte in Liedern ebenfalls eine tiefgründige und emotionale Reise bietet. Gundermanns Werk zeigt, wie Lieder Geschichten erzählen und dabei eine starke Verbindung zum Zuhörer aufbauen können.