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Reinhard Mey Edition française, volume 5 – Vorstellung und Kritik

Reinhard Mey Edition française, volume 5 – Vorstellung und Kritik

Letztes Update: 17. September 2025

Der Artikel stellt das Album 'Edition française, volume 5' von Reinhard Mey vor und bietet eine detaillierte Kritik. Er beleuchtet die musikalische Vielfalt, die poetischen Texte und den besonderen Charme dieses Werks.

Vorstellung und Kritik: Reinhard Mey Edition française, volume 5

Es gibt Alben, die eine Brücke schlagen. Zwischen Sprachen. Zwischen Kulturen. Und zwischen Lebensphasen. Genau so wirkt Reinhard Mey Edition française, volume 5. Es ist ein Werk, das aus dem Jahr 1979 herüberklingt. Und doch spricht es klar in die Gegenwart. Sie hören darin keine laute Geste. Sie hören Nähe. Ein ruhiger Ton. Eine Haltung, die trägt.

Ein Album zwischen zwei Welten

Reinhard Mey ist ein Grenzgänger. Er singt deutsch. Er singt französisch. Er reist mit der Gitarre und mit Geschichten. In Reinhard Mey Edition française, volume 5 zeigt sich diese Kunst sehr rein. Das Album versammelt zehn Titel. Jeder Titel hat sein eigenes Licht. Und doch formen sie ein Ganzes. Es ist intim. Es ist handwerklich fein. Und es ist durch und durch persönlich.

Der Rahmen ist einfach. Ein 12-Zoll-Vinyl mit zehn Stücken. Die Spielzeiten sind klar gesetzt. Sie reichen von drei Minuten bis zu über neun Minuten. Das ist mutig. So langes Erzählen braucht Bodenhaftung. Und Vertrauen. Genau dieses Vertrauen stellt das Album her.

Reinhard Mey Edition française, volume 5: Daten, Stoff und Blickrichtung

1979 ist eine Zeit des Umbruchs. Rock wird groß. Disco ist auf dem Höhepunkt. Synthesizer kommen, bleibend. Und doch bleibt die Chanson-Welt wach. Sie sucht Worte. Sie sucht Bilder. Reinhard Mey Edition française, volume 5 gehört zu dieser Suche. Es ist kein Modeprodukt. Es ist ein Gespräch. Mit der Tradition. Mit den Hörern. Mit der eigenen Biografie.

Die zehn Titel sind: Petit d’homme (03:48), Tous mes chemins (03:24), Le Formulaire (05:24), Tout est bien (03:20), Son sourire (03:13), Heureux qui comme Ulysse (03:22), Mon premier cheveu gris (03:27), À mon chien endormi (04:02), Daddy Blue (05:00) und L’Ours qui voulait rester un ours (09:19). Sie sehen die Spannweite. Kurze, klare Skizzen. Und dazu das große Finale, fast ein kleiner Hörroman. Die Dramaturgie ist klug.

Der historische Kontext

Reinhard Mey ist seit den späten Sechzigern in Frankreich aktiv. Das ist hörbar. Seine französischen Alben sind keine bloßen Übersetzungen. Sie sind eigene Auslegungen. Er trägt die Gedanken ins Französische. Er sucht die passende Melodie zum Wort. Damit wird die Sprache Teil der Musik. Reinhard Mey Edition française, volume 5 führt genau das fort. Und es verfeinert es.

Klangbild und Produktion: Weniger ist mehr

Der Klang ist warm. Er ist analog. Die Gitarre steht vorn. Eine Stimme, die nah kommt. Dazu Bass. Mal ein Hauch von Flöte. Hier und da Streicher. Kein Pomp. Keine Effekte, die blenden. Das passt zu den Texten. Denn die Geschichten tragen selbst. Sie brauchen nur Raum. Den gibt ihnen diese Produktion.

Auf Vinyl entfaltet sich das besonders gut. Die Höhen klingen weich. Die Mitten sind präsent. Die Gitarresaiten atmen. Wenn Sie das Album leise hören, fällt die Balance auf. Wenn Sie es laut auflegen, bleibt es ehrlich. Es gibt keinen Lärm im Hintergrund. Es gibt nur den Raum der Stimme.

Sprachwechsel als kĂĽnstlerische Haltung

Viele deutschsprachige Liedermacher haben sich am Französischen versucht. Nur wenige klingen darin so zu Hause. Reinhard Mey tut es mit Ruhe. Er legt Sätze, die sitzen. Er respektiert die Melodie des Französischen. Dabei bleibt er er selbst. Sie erkennen seine Phrasen. Sie erkennen seine Ironie. Und Sie erkennen sein Mitgefühl. Reinhard Mey Edition française, volume 5 ist ein Beispiel dafür, wie Identität in zwei Sprachen wächst.

Der entscheidende Punkt ist der Blick auf den Alltag. Er ist scharf. Aber er ist nie scharfzüngig. Er ist mild und wach zugleich. Das Französische macht den Ton vielleicht noch weicher. Es lässt Pausen zu. Es trägt die Musik gut.

Song-fĂĽr-Song: Nahaufnahmen

Petit d’homme (03:48)

Der Auftakt ist zart. „Petit d’homme“ wirkt wie ein Lied an ein Kind. Oder an den jungen Menschen in uns. Die Gitarre führt, eine einfache Figur. Der Refrain öffnet den Raum. Sie spüren Wärme. Und Sie spüren den Ernst, der im Blick eines Kindes liegt. Der Song setzt die Themen: Nähe. Verantwortung. Zeit.

Tous mes chemins (03:24)

„Tous mes chemins“ klingt wie ein Reiselied. Aber es ist kein Postkarten-Motiv. Es geht um Wege, die sich kreuzen. Um Abzweige, die zählen. Das Tempo ist leicht. Die Melodie bleibt hängen. Sie summen das Motiv nach der ersten Seite schon mit. Hier zeigt sich die Kunst der kleinen Form.

Le Formulaire (05:24)

Hier wird es humorvoll. Und bissig. „Le Formulaire“ spielt mit Bürokratie. Mit Kästchen. Mit Anträgen. Mit dem absurden Ernst der Formulare. Die Strophen bauen sich auf. Eine Pointe folgt der nächsten. Die Musik bleibt freundlich. So entsteht ein feiner Widerspruch. Lachen und Seufzen liegen dicht beisammen. Die Länge von gut fünf Minuten tut gut. Die Idee darf atmen.

Tout est bien (03:20) und Son sourire (03:13)

Diese beiden Stücke sind kurze Lichtblicke. „Tout est bien“ klingt wie ein stilles Mantra. Nichts ist laut. Aber vieles wird gut. „Son sourire“ rückt ein Lächeln in den Fokus. Es wird fast zu einer Figur. Ein Lächeln, das eine Welt hält. Beide Songs sind leicht. Doch sie tragen Gewicht. Das ist große Chanson-Schule.

Heureux qui comme Ulysse (03:22)

Hier verneigt sich Mey vor einer Tradition. Das Motiv ist alt. Es geht um die Reise. Um Heimkehr. Um Sehnsucht. Die Version bleibt schlicht. Die Stimme führt. Die Gitarre antwortet. Es ist, als setze er sich neben einen Brunnen. Er singt, ohne zu drängen. So berührt es. Und es fügt sich gut in den Fluss des Albums.

Mon premier cheveu gris (03:27)

Ein graues Haar ist ein Symbol. Für Zeit. Für Verlust. Und für Ruhe. Mey nimmt es liebevoll auf. Er macht keine große Sache. Er lächelt darüber. Aber er macht es nicht klein. Die Musik bleibt hell. Das Stück zeigt, wie man milde über das Älterwerden spricht. Ohne Kitsch. Ohne Pathos.

Ă€ mon chien endormi (04:02)

Das ist ein Lied über Trost. Ein schlafender Hund ist ein Bild für Frieden. Und für Freundschaft. Der Ton ist leise. Es ist ein gutes Stück für die späte Stunde. Sie können es allein hören. Es tröstet. Es urteilt nicht. Diese Art von Lied macht Mey so stark.

Daddy Blue (05:00)

„Daddy Blue“ wirkt wie ein Blick auf die Rolle des Vaters. Oder auf ein Bild davon. Der Song hat einen dunklen Rand. Aber er bleibt warm. Die Musik trägt, fast wie ein sanfter Blues. Der Text nimmt Klischees auf. Dann dreht er sie. Es ist ein Spiegel, der nichts ausblendet. Doch er verurteilt nicht. Das ist elegant.

L’Ours qui voulait rester un ours (09:19)

Das Finale ist ein Ereignis. Neun Minuten und neunzehn Sekunden sind eine Herausforderung. Sie verlangen Ruhe. Sie geben aber auch Raum für eine Geschichte. Ein Bär will Bär bleiben. Das ist ein Gleichnis. Über Identität. Über Anpassung. Und über Würde. Die Dramaturgie ist klug gebaut. Es gibt Strophen, die wie Kapitel wirken. Die Musik hält sich zurück. Es gibt kleine Themen, die wiederkehren. So bleibt das Stück offen und doch fokussiert. Am Ende steht ein Satz, der hängen bleibt. Sie legen die Nadel an und hören es gern noch einmal. Denn die Geschichte entfaltet sich weiter in Ihrem Kopf.

Erzählen statt posen: Figuren und Motive

Die Figuren auf diesem Album sind nahbar. Ein Kind. Ein Vater. Ein Hund. Ein Bär. Ein Schalterbeamter im Formular-Dschungel. Diese Figuren sind nicht zufällig. Sie tragen Zustände. Sie sind Spiegel. In ihnen zeigt sich ein Leben im Kleinen. Das ist der Kern der Chanson-Tradition. Und es ist der Kern von Reinhard Mey Edition française, volume 5.

Mey braucht dafür keine großen Bilder. Er nutzt klare Worte. Er setzt Pausen. Er vertraut auf den Klang der Sprache. Das macht die Lieder offen. Sie können sich darin wiederfinden. Sie müssen es nicht intellektuell zerlegen. Sie fühlen es. Und das reicht.

Humor, Melancholie und der Mut zur Stille

Humor ist hier keine Show. Er ist Haltung. Er nimmt die Welt ernst. Aber er nimmt sich selbst nicht zu ernst. „Le Formulaire“ ist ein Beispiel. Auch „Daddy Blue“ trägt diesen Ton. Die Melancholie liegt daneben. Sie ist sanft. Nie schwer. „À mon chien endormi“ zeigt das gut. Und „Mon premier cheveu gris“ ebenso. Diese Mischung ist selten. Und sie wirkt zeitlos.

Der Mut zur Stille ist das wichtigste Mittel. Nichts ist zu viel. Ein Riff. Eine kleine Wendung. Eine Stimme, die nicht prahlt. So entsteht Nähe. Und diese Nähe trägt über Jahrzehnte. Darin liegt der Reiz von Reinhard Mey Edition française, volume 5.

Das Erbe des französischen Chanson

Frankreich hat eine starke Chanson-Schule. Sie lebt vom Wort. Vom Bild. Und vom Charakter. Mey nimmt das ernst. Er arbeitet mit ihr. Er lehnt sich an, aber er kopiert nicht. Er bleibt ein Erzähler deutscher Prägung. Und doch fügt er sich ein. Die Referenz in „Heureux qui comme Ulysse“ ist ein Zeichen. Sie zeigt Respekt. Sie zeigt Dialog. So gewinnt das Album Tiefe.

Die Arrangements stĂĽtzen diese Haltung. Kleine Ensembles. Keine Show-Einlagen. Keine Modeeffekte. Das ist 1979 bemerkenswert. Es ist eine Gegenstimme zum Zeitgeist. Und es ist ein Bekenntnis zum Lied als Kern.

Wer heute zuhört, hört mehr

Wie wirkt das Album heute? Sehr frisch. Denn das Thema Zeit wird hier sanft verhandelt. Ohne moralischen Ton. Sie hören Alltag. Sie hören Liebe. Sie hören Scheu vor großen Worten. Genau das macht es modern. Sie können sich auf einer langen Fahrt hineinfallen lassen. Oder Sie hören einzelne Titel am Morgen. Beides trägt.

Wenn Sie Mey bisher nur auf Deutsch kennen, lohnt der Blick. Reinhard Mey Edition française, volume 5 zeigt ihn als zweisprachigen Autor. Er denkt in Bildern, nicht nur in Vokabeln. Das öffnet die Perspektive. Und es schärft das Ohr für Farbe und Rhythmus der Sprache.

Rezeption und Kanon

Warum ist dieses Album weniger bekannt als manch deutsches Pendant? Vielleicht, weil es leiser ist. Vielleicht, weil die französischen Ausgaben oft in eigenen Kreisen kreisen. Doch es ist Teil eines Kanons. Ein stiller Fixpunkt. Wenn man Meys Werk als Fluss sieht, ist es ein ruhiger Altarm. Dort kann das Wasser klar werden. Dort können Spiegelbilder entstehen. Genau hier findet sich viel von dem, was ihn groß macht.

Als Sammlerstück ist die 12-Zoll-Ausgabe schön. Das Artwork spiegelt die Zurückhaltung. Der Satzspiegel, die Typo, das Papier der Zeit. All das fügt sich in die Haptik. Wer Vinyl liebt, weiß das zu schätzen.

Handwerk im Detail: Gesang, Gitarre, Timing

Meys Stimme ist hell. Aber nicht leicht. Er setzt sie präzise. Die Enden der Zeilen fallen weich. Konsonanten sitzen. Vokale klingen rund. Das Timing ist sauber. Er lässt Pausen stehen, als wären sie Töne. Die Gitarre ist mehr als Begleitung. Sie rahmt. Sie kommentiert. Und sie führt oft auch selbst. Kleine Läufe, die nicht prunken. Figuren, die Geduld haben. Dieses Handwerk ist die Basis. Es macht die Lieder tragfähig, auch ohne große Bühne.

In langen Stücken wie „L’Ours qui voulait rester un ours“ zeigt sich das am deutlichsten. Über neun Minuten bleibt die Spannung. Das geht nur mit Baukunst. Der Bogen ist klar. Die Teile greifen ineinander. Nichts wirkt zufällig. Doch nichts wirkt starr. So entsteht Leben im Lied.

Zwischen Zeilen: Was bleibt nach dem Hören?

Es bleiben Bilder. Ein Kind auf einer Decke. Ein Vater, der leise lacht. Ein schlafender Hund. Ein Mensch vor einem Formular. Und ein Bär im Wald, der seinen Weg sucht. Sie sind nicht laut. Aber sie bleiben. Dazu bleibt der Ton. Sanft. Wach. Und freundlich. Diese Mischung ist selten geworden. Sie tut gut.

Sie merken es erst später: Dieses Album stellt Fragen. Ohne Fragezeichen. Wer bin ich, wenn die Welt drängt? Was zählt, wenn Tempo wichtig wird? Wie klingt Würde im Alltag? Reinhard Mey Edition française, volume 5 gibt keine Antwort im Imperativ. Es gibt Räume, in denen Sie Ihre eigene Antwort finden.

Ein Satz zur Sprache der Kritik

Man könnte das Album historisch sortieren. Man könnte es in Werkphasen einteilen. Man könnte es an Vorbildern messen. Doch die Prüfung vor dem Werk ist einfach: Wollen Sie wieder hören? Bei diesem Album ist die Antwort oft ein stilles Ja. Das genügt als Urteil. Und es ist das ehrlichste.

Fazit: Ein stiller Klassiker

Reinhard Mey Edition française, volume 5 ist ein leises Juwel. Es lebt von Wärme. Von Mut zur Stille. Und von klugen, klaren Bildern. Es ist fest im Jahr 1979 verankert. Und es klingt doch sehr heute. Die Produktion ist zurückhaltend und warm. Die Themen sind menschlich und echt. Der Bogen der Stücke ist fein ausbalanciert. Das lange Finale setzt ein Zeichen. Es zeigt, wie stark erzählte Musik sein kann.

Wenn Sie Chanson lieben, finden Sie hier Substanz. Wenn Sie Meys deutsche Lieder schätzen, finden Sie hier eine zweite Heimat. Und wenn Sie einfach gute Songs suchen, werden Sie fündig. Reinhard Mey Edition française, volume 5 ist kein lauter Titel in einem Kanon. Es ist das stille Lied, das bleibt. Sie legen es abends auf. Und am Morgen klingt es nach. Das ist ein gutes Zeichen. Und es ist die beste Empfehlung.

Ausblick: Warum dieses Album weiter wächst

Musik, die auf Worte setzt, altert anders. Sie wird nicht von einem Sound fixiert. Sie atmet mit dem Ohr der Zeit. Reinhard Mey Edition française, volume 5 tut genau das. Mit jedem Jahr zeigt es neue Farben. Ein Witz wird milder. Ein Bild wird klarer. Ein Vers schneidet tiefer. Das ist die Kunst des wiederkehrenden Hörens. Sie merken, wie reif diese Lieder gebaut sind. Und sie danken es mit Beständigkeit.

Vielleicht ist genau das der stärkste Punkt. Dieses Album will nicht gefallen. Es will begleiten. Es will nicht glänzen. Es will leuchten. Langsam. Und lange. Wenn Sie das schätzen, ist dies Ihr Album.

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