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Reinhard Mey – Jahreszeiten 1967-1977: Albumvorstellung und Kritik

Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977: Albumvorstellung und Kritik

Letztes Update: 06. Dezember 2025

Der Artikel stellt Reinhard Meys Kompilation 'Jahreszeiten 1967-1977' vor und bewertet sie. Er beleuchtet Songauswahl, Arrangements und Texte, nennt Highlights, ordnet das Album in Meys Werk ein und gibt eine persönliche Empfehlung.

Jahreszeiten eines Liedermachers: Vorstellung und Kritik des Albums

Ein Kompass durch ein Jahrzehnt

Sie halten mit Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 ein langes, stilles Gespräch in der Hand. Es ist ein Gespräch über Stadt und Land, über Nähe und Ferne, über Witz und Wunde. Zehn Jahre Musik, gesammelt und geordnet wie ein Kalender. Das Ergebnis wirkt wie ein Tagebuch in vier Farben. Es lädt Sie ein, ein Jahrzehnt in Liedern nachzuvollziehen.

Das Bild der Jahreszeiten ist keine strenge Schablone. Es ist ein poetischer Filter. Frühling, Sommer, Herbst und Winter stehen für Stimmungen und Haltungen. Sie merken das schon in den ersten Titeln. Kurze Skizzen, klare Bilder, feine Pointen, dann wieder tiefe Ernsthaftigkeit. Dieses Pendeln trägt die Sammlung von Anfang bis Ende.

Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 im Ăśberblick

Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 erschien am 6. Dezember 2013. Die Edition versammelt frühe Alben des Liedermachers. Acht CDs zeigen seinen Weg vom zarten Beobachter zum reifen Chronisten. Die Spannweite reicht von Liebesminiaturen bis zur politischen Satire. Das ist kein loses Best-of, sondern eine erzählte Entwicklung.

Sie finden hier viele seiner prägenden Lieder. Dabei stehen stille Perlen neben bekannten Klassikern. Vom Stadtbild in „Frühling in der Großstadt“ bis zum Flugtraum „Über den Wolken“. Von der Figurenstudie „Kaspar“ bis zur Fabel „Der Bär, der ein Bär bleiben wollte“. Jedes Kapitel bringt eine eigene Farbe. So entsteht ein feines Mosaik seiner ersten Dekade.

FrĂĽhling: AufbrĂĽche im Kleinen und im GroĂźen

Der FrĂĽhling dieser Edition ist ein sozialer Raum. Er zeigt die Stadt als BĂĽhne, die Liebe als Frage, das Leben als Startblock. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 fĂĽhrt Sie nah an diese Anfangsenergie. Kurze Songs funkeln wie Notizen. Sie sind leicht, aber nie leichtfertig.

Stadtbilder

„Frühling in der Großstadt“, „Großstadt 8 Uhr früh“ und „Das Lied von der Straßenbahn“ zeichnen klare Linien. Die Bilder sind knapp, direkt und freundlich ironisch. Verkehr und Menschenstrom werden zum Taktgeber. Die Gitarre tickt wie eine Uhr. Sie hören Tempo, Sie sehen Routine, und doch huscht Wärme durch die Szenerie.

Beziehungen im Aufbruch

„Und für mein Mädchen“ und „Fast ein Liebeslied“ suchen die richtige Tonlage. Nicht süß, nicht hart, sondern wahr. Mey hält Distanz, um Nähe zu gewinnen. Seine Stimme bleibt hell und ruhig. So wirkt das Zarte stark und das Private offen.

Sommer: Leichtigkeit, Reise, ironischer Glanz

Der Sommer der Box zeigt den Sänger als Reisenden. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 sammelt Bahnhofsbilder, Zeitungsduft und Begegnungen. Unterwegs sein heißt hier, die Welt mit wachem Blick zu sehen. Humor begleitet dabei die Beobachtung. Das sorgt für Luft im Ernst.

Geschichten unterwegs

„Hauptbahnhof Hamm“ ist dafür ein gutes Beispiel. Die Szene ist klar und prägnant. Ein Ort wird zur Pointe, ohne dass er den Menschen verliert. „Das Lied von der Zeitung“ dreht die Perspektive. Eine Zeitung liest den Leser. Das ist freundlich, aber klug. So macht Mey Alltagsgegenstände zu Figuren.

Zwischen Gelächter und Zärtlichkeit

Auch die hellen Titel bleiben geerdet. „Begegnung“ oder „Platz für sie“ zeigen, wie kleine Gesten groß werden. Die Melodie ist schlicht, der Text trägt. Nichts drängt sich auf. So entsteht ein Sommer, der nicht blendet. Er wärmt.

Herbst: Bilanz, Erinnerung und der Blick zurĂĽck

Mit dem Herbst verschiebt sich der Ton. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 wechselt vom Blick nach vorn zur Rückschau. Die Lieder prüfen Wege und Wendungen. Sie zählen Verluste und Gewinne. Das geschieht in einfachen Bildern. Es entsteht ein stilles Gewicht.

Zeitenwende im Kleinen

„Ich denk', es war ein gutes Jahr“ ist eine Bilanz ohne Pathos. „Grüß dich, Gestern“ richtet die Hand an die Vergangenheit. „Wirklich schon wieder ein Jahr“ spürt dem Strom der Tage nach. Mey nutzt bekannte Formen. Refrains tragen die Erinnerung. Sie können mitsingen, ohne die Nachdenklichkeit zu verlieren.

Abschied und MaĂź

Gerade in Songs wie „Noch einmal hab' ich gelernt“ zeigt sich Reife. Da spricht ein Ich, das nicht mehr nur staunt. Es sortiert. Es weiß um Bruch und Trost. Die Gitarre bleibt leise. Der Text steht im Zentrum. Das ist herbstlich im besten Sinn.

Winter: Satire, Streit, Kälte der Verhältnisse

Im Winter hat das Album eine schärfere Kante. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 setzt auf Satire und klare Worte. Das betrifft Macht, Bürokratie und Krieg. Die Sprache wird spitzer. Der Humor wird schwarz. Die Melodie bleibt tragfähig.

Spitze Feder

„Diplomatenjagd“ jagt die Eitelkeit der Eliten. „In Tyrannis (Von Wand zu Wand sind es vier Schritte)“ misst die Zelle des Terrors aus. „Bevor ich mit den Wölfen heule“ stellt eine Wahl. „Von heiligen Kriegen“ legt den Finger auf die Wunde. „Abscheuliches Lied für abscheuliche Leute“ zeigt, wie weit Satire gehen darf. Diese Titel sind nicht alt geworden. Sie sind aktuell in Ton und Thema.

Das System und der Mensch

Bei aller Härte bleibt der Blick auf den Einzelnen. Der Spott trifft Strukturen, nicht Personen. Das macht die Lieder fair. Es hält sie offen für Sie als heutige Hörerin oder als Hörer. Die Pointe klärt, sie verletzt nicht. Das ist eine seltene Balance.

Die Kunst der Beobachtung: Figuren und Schauplätze

Mey erfindet Figuren, die Sie nicht vergessen. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 zeigt das in vielen Farben. „Kaspar“ ist mehr als ein Name. Er ist eine Frage nach Zugehörigkeit. „Atze Lehmann“ wächst zur Milieustudie. „Mein guter alter Balthasar“ ist ein Freund, ein Spiegel, ein Tonfall.

Fabeln, Rollen, Masken

„Der Bär, der ein Bär bleiben wollte“ benutzt die Fabel, um Würde zu verhandeln. „Ikarus“ erzählt den Preis des Fliegens. „Der Mörder ist immer der Gärtner“ dreht den Krimi zum Gesellschaftsspiel. In diesen Liedern zeigt sich Meys Blick. Er schaut liebevoll und präzise. So entstehen Bilder, die bleiben.

Handwerk und Stimme: Gitarre, Phrasierung, Klang

Die Gitarre ist hier nicht Beiwerk. Sie ist Partner. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 lebt von klaren Akkorden und feinem Picking. Der Puls ist ruhig. Die Dynamik atmet mit der Stimme. Nichts verdeckt den Text. Das macht die Lieder langlebig.

Ă–konomie als Stil

Schlichte Arrangements lassen Worte leuchten. Mey phrasiert nah am Sinn. Er setzt Pausen, wo Bedeutung wächst. Jede Silbe sitzt. So entsteht ein Sog, der ohne Lautstärke wirkt. Das Handwerk ist sichtbar, aber nie aufdringlich.

Der Blick auf die Gesellschaft: Satire, Beruf, BĂĽro

Viele Titel nehmen Amtsstuben und Machtgesten aufs Korn. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 hat feine Antennen für Sprache im Amt. „Ein Antrag auf Erteilung eines Antragformulars“ zeigt den Knoten der Bürokratie. „Was kann schöner sein auf Erden, als Politiker zu werden“ entlarvt die Pose. „Ich bin Klempner von Beruf“ gibt dem Handwerk eine Stimme, die Respekt fordert.

Hunger nach Wirklichkeit

In „Die heiße Schlacht am kalten Büffet“ frisst sich die Gesellschaft am Schein satt. „In Tyrannis“ oder „Maskerade“ greifen den Zwiespalt zwischen Bild und Sein auf. Mey wählt einfache Worte. So trifft er mitten ins Thema. Das gibt seinen Liedern Kraft über die Zeit.

Ein Faden der Zeit: Sequenzen und Wiederkehr

Zeit ist ein Leitmotiv. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 durchzieht eine stille Chronik. Titel wie „Wirklich schon wieder ein Jahr“ und „Eh’ meine Stunde schlägt“ markieren Übergänge. „Noch einmal hab' ich gelernt“ steht für die Schule des Lebens. Diese Lieder messen kein Datum. Sie vermessen Erfahrungen.

Vom Tag zur Geschichte

„Ein Tag“ fasst das kurze Format. Es zeigt, wie sich ein ganzes Leben im Kleinen ausdrückt. „All’ meine Wege“ öffnet den Blick. Das einzelne Lied wird Teil eines Weges. So verbindet die Edition Moment und Dauer. Das ist der rote Faden.

Zwischen Poesie und Pointe: Sprache als Musik

Sprache ist bei Mey ein Instrument. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 beweist das in vielen Tonlagen. „Klagelied eines sentimentalen Programmierers“ nimmt ein Fachwortfeld und macht es menschlich. „Lied, auf dem Grund eines Bierglases gelesen“ nutzt ein Bild, das jeder kennt. Aus Alltag wird Poesie. Aus Poesie wird Pointe.

Humor, der trägt

Auch die langen Titel sind Programm. „Das Geheimnis im Hefeteig oder der Schuß im Backofen“ zeigt Lust an Überschriften. Dahinter liegt Präzision. Der Spaß steht nie allein. Er trägt eine Beobachtung. So bleibt der Witz nach dem Lachen bestehen.

Die Dramaturgie des Box-Sets: Ordnung und Atem

Eine Sammlung braucht eine Form. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 ordnet die frühen Jahre so, dass eine Reise entsteht. Die Tonalität wechselt, doch der Fluss stimmt. Schnelle Stücke setzen Akzente. Nachdenkliche Nummern geben Raum. Das macht das längere Hören leicht.

Balance der Motive

Liebe und Satire, Stadt und Natur, Nähe und Distanz: Alles findet sein Maß. Auch ikonische Stücke wie „Über den Wolken“ stehen nicht isoliert. Sie sind Knotenpunkte im Gewebe. Andere Songs strahlen zu ihnen hin. So entsteht ein Netz, das trägt.

Kanon und Gegenwart: Warum das heute zählt

Die Edition kam 2013. Sie bündelt alte Aufnahmen für eine neue Zeit. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 spricht mit Ihnen, wenn Sie heute hinhören. Die Themen sind geblieben. Freiheit, Arbeit, Liebe, Verantwortlichkeit. Die Formen sind klar. Der Ton ist menschlich. Das wirkt zeitlos statt nostalgisch.

Zwischen Albumkultur und Playlist

In einer Zeit der Einzeltracks zeigt diese Sammlung die Kraft des Zusammenhangs. Sie können springen, doch das Ganze lohnt mehr. Ein Jahrzehnt entfaltet sich wie ein Roman. Kapitel für Kapitel. Das schenkt Ihnen Orientierung und Genuss.

Empfehlung: FĂĽr wen lohnt sich die Reise?

Wenn Sie Songtexte lieben, ist diese Edition für Sie. Wenn Sie klare Melodien schätzen, ebenso. Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 bietet beides. Sie finden Geschichten, die atmen, und Bilder, die tragen. Sie finden Humor, der neben Empathie steht. Das ist selten.

Als Einstieg funktioniert die Box sehr gut. Als Ergänzung für Kenner auch. Sie hören bekannte Stücke im Kontext und entdecken vieles neu. Für Sammler ist die Spannweite reizvoll. Für Neugierige ist sie ein sicherer Pfad. Mit Reinhard Mey Jahreszeiten 1967-1977 gehen Sie eine ruhige, kluge und sehr menschliche Strecke.

Bleibt eine letzte Frage: Ist die Musik dieser Jahre alt geworden? Sie klingt nach ihrer Zeit, ja. Doch sie spricht in Ihre Zeit. Das macht die Stärke dieser Sammlung aus. Sie ist ein Archiv der Empathie und ein Lehrgang der Lakonie. Genau das braucht unsere Gegenwart.

Darum meine klare Empfehlung: Nehmen Sie sich Zeit für diese Jahreszeiten. Am besten mit Kopfhörern und ohne Eile. Lassen Sie Lieder wie „Menschenjunges“, „Heimkehr“ oder „Susann“ neben „Über den Wolken“ stehen. Hören Sie auf die leisen Ränder. Dort liegt die Tiefe. Die Reise lohnt sich, Stück für Stück.

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