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Reinhard Mey Klaar Kiming: Live – Livealbum im Check

Reinhard Mey Klaar Kiming: Live — Review und Kritik

Letztes Update: 07. Dezember 2025

Reinhard Meys Klaar Kiming: Live dokumentiert einen reifen Künstlerabend: sanfte Gitarren, präzise Arrangements und persönliche Ansagen. Der Text bewertet Songauswahl, Stimme und Atmosphäre, lobt intime Momente, kritisiert gelegentliche Längen und empfiehlt das Album sowohl Fans als auch Neulingen.

Reinhard Mey Klaar Kiming: Live – Ein Album zwischen Horizont und Gewissen

Was der Titel verspricht: Klaar Kiming und der klare Blick

Der Titel wirkt wie ein Versprechen. „Klaar Kiming“ bedeutet klarer Horizont. Es klingt nach Weite, nach Licht, nach Luft, nach einem Blick ohne Nebel. Genau das prägt dieses Live-Album. Hier steht ein Liedermacher allein auf der Bühne. Er singt, erzählt, prüft Worte, setzt Pausen. Er vertraut auf Stimme und Gitarre. Er spricht Sie direkt an. Kein Trick, kein Netz, kein dritter Akkord mehr als nötig. So gewinnt die Musik Raum. So entsteht Klarheit. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live verkörpert diese Idee bis in die Stille zwischen zwei Zeilen hinein.

Reinhard Mey Klaar Kiming: Live im Kontext seiner Laufbahn

Das Album erschien am 26. Mai 2003. Es kam in einer Phase, in der der Sänger auf eine lange Reise zurückblickte. Er hatte längst sein Publikum gefunden. Trotzdem suchte er weiter nach dem richtigen Wort. Genau dieser Wille prägt die Aufnahme. Hier erlebt man einen Künstler, der reif, ruhig und doch wach ist. Er blickt nach vorn, prüft die Welt und sich selbst. Er ordnet Erinnerungen, ohne Nostalgie. Er warnt, ohne zu poltern. Er witzelt, ohne zu flach zu werden. Und er lässt Raum für leise Gefühle. So zeigt Reinhard Mey Klaar Kiming: Live die Summe einer Haltung, nicht nur ein Konzert.

Die Dramaturgie der beiden CDs

Die Veröffentlichung liegt in zwei Fassungen vor. Eine CD bündelt elf Stücke. Die andere enthält dreizehn. In beiden Varianten bleibt die Logik der Dramaturgie spürbar. Der Abend öffnet sich groß, dann wird er intim, dann wieder weit. Lange Songs stehen neben kurzen. Die Reihenfolge schafft Bögen. Politische Stücke setzen Signale. Humor öffnet die Herzen. Liebeslieder erden das Ganze. Das Timing ist klug. So entsteht ein lebendiger Fluss. Sie fühlen sich geführt, nicht geführt. Genau das ist die Kunst. Trotz der Varianten bleibt der Kern gleich. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live folgt einem feinsinnigen Plan, der nie wie ein Plan wirkt.

Das Eröffnungsstück: „Das Narrenschiff“ als Weckruf

Der Auftakt mit „Das Narrenschiff“ ist ein Statement. Über acht Minuten trägt die Ballade. Sie baut langsam auf. Der Sog entsteht aus Bildern, nicht aus Lautstärke. Sie hören die Gitarre wie eine Pulsebene. Sie hören eine Stimme, die die Silben trägt. Keine Phrase wirkt zufällig. Die Pointe trifft spät und klar. Das Publikum atmet hörbar mit. Genau so will ein Abend beginnen: wach, ernst, aber offen. Man spürt das Thema des Titels im Raum: Orientierung in schwerer See. Diese Eröffnung legt den Kompass an. Sie steckt die Richtung für Reinhard Mey Klaar Kiming: Live.

Politische Lieder: „Das Narrenschiff“ und „Sei wachsam“

Die politisch getönten Lieder schärfen das Profil. „Sei wachsam“ setzt einen straffen Puls. Der Text ist direkt. Er mahnt, prüft, fragt. Doch es bleibt Musik. Die Gitarre trägt einen klaren Bass. Die Melodie bleibt im Kopf. „Faust in der Hand“ ergänzt diese Linie. Der Ton ist ernst, aber nie hart. Die Stücke wirken wie Spiegel. Sie bieten kein Rezept. Sie laden Sie ein, den Blick zu schärfen. Die Länge der Songs erlaubt Differenz. Es geht nicht um Parolen. Es geht um Haltung. Darin liegt die Kraft von Reinhard Mey Klaar Kiming: Live.

Humor und Alltag: „Neulich in der Dessousabteilung“, „Pöter“, „Gernegroß“

Der Humor kommt nicht als Witzkanone. Er steigt aus dem Alltag. „Neulich in der Dessousabteilung“ ist lang, verspielt und menschlich. Das Publikum lacht, aber nie auf Kosten anderer. „Pöter“ bringt eine kindliche Freude ins Spiel. „Gernegroß“ schaut mit milder Ironie auf das große Ego. Diese Lieder lockern den Abend. Sie zeigen, wie nah Lachen und Nachdenken liegen. Es sind keine Sketche. Es sind kleine Prosastücke in Tönen. Genau so entsteht Nähe. Man möchte dabeibleiben. Der Wechsel von Ernst und Heiterkeit macht das Konzert rund. Auch hierin spiegelt sich Reinhard Mey Klaar Kiming: Live.

Die stillen Töne: „Ich bin“, „Ich liebe dich“, „Viertel vor sieben“

Die leisen Songs sind der heimliche Kern. „Ich liebe dich“ dauert keine vier Minuten. Doch die Wirkung bleibt. „Ich bin“ dehnt die Zeit. Es geht um Identität, um Würde, um Atem. „Viertel vor sieben“ malt ein Bild des Morgens. Sie hören Stille, Rhythmus, Schritte. Keine Zeile zu viel. Gerade dort, wo wenig passiert, passiert viel. Diese Stücke stärken den Puls des Abends. Sie zeigen, wie ein Lied ohne Pathos tragen kann. Das ist hohe Kunst. In dieser Ruhe steckt die Seele von Reinhard Mey Klaar Kiming: Live.

Sprache, Stimme, Saiten

Die Sprache ist präzise und schlicht. Keine Floskel hält lange. Die Stimme ist warm, leicht rau, getragen. In den Höhen bleibt sie hell. In den Tiefen hält sie die Linie. Die Gitarre ist mehr als Begleitung. Sie führt, antwortet, atmet mit. Bassläufe strukturieren die Strophen. Kleine Arpeggien setzen Lichtpunkte. Das Timing ist federnd. Pausen sind Teil des Textes. So entstehen Bilder aus Klang. Die Artikulation ist klar. Sie hören jeden Konsonanten. Das braucht Mut und Übung. Es lohnt sich. So entfaltet Reinhard Mey Klaar Kiming: Live seine Wirkung ohne große Gesten.

Publikum, Raum und Klang

Live-Aufnahmen stehen und fallen mit dem Raum. Hier stimmt das Verhältnis. Der Saal klingt warm. Die Gitarre klingt nah. Die Stimme bleibt im Fokus. Der Applaus trägt, aber drängt sich nicht vor. Man hört Atem, Lachen, das kleine Rascheln. Das schafft Gegenwart. Die Dynamik bleibt organisch. Keine überzogene Kompression. Die Balance hält auch bei langen Nummern. Ein Stück wie „Neulich in der Dessousabteilung“ behält so seinen Bogen. Ein Song wie „Frei!“ entfaltet Spannung. Der Klang zeichnet die Bühne, nicht das Studio nach. Darin liegt die stille Kraft von Reinhard Mey Klaar Kiming: Live.

Zeitzeichen 2003: Wovon die Lieder sprechen

Das Jahr 2003 war von Debatten geprägt. Gesellschaft, Medien, Politik: Vieles stand auf dem Prüfstand. Die Lieder greifen das nicht als Kommentar-Show auf. Sie leuchten Einzelfälle aus. Sie stellen Fragen. „Die Blitzlichter machen uns zu Idioten“ zeigt den Blick auf Medienrauschen. „Immer mehr“ fragt nach Maß und Mitte. „Mein Land“ denkt über Zugehörigkeit nach. Diese Lieder altern gut, weil sie konkret bleiben. Sie erzählen, statt zu predigen. In ihrer Summe entsteht ein feines Zeitbild. Das macht Reinhard Mey Klaar Kiming: Live noch heute relevant.

Ein nordfriesischer Faden: „Rüm Hart“ als Leitmotiv

„Rüm Hart“ steht für „weites Herz“. Zusammen mit „Klaar Kiming“ wird daraus ein Motto. Weites Herz, klarer Horizont. So kann man diese Aufnahme lesen. Das Lied „Rüm Hart“ fasst diesen Ton zusammen. Es bittet um Offenheit. Es bittet um Mut. Es bittet um Milde. Nicht nur in der Sprache, auch in der Musik. Der Refrain öffnet den Raum. Die Strophen bleiben vielsagend knapp. Es ist ein stilles Zentrum im Ablauf. Das Motiv führt durch den Abend. Genau dadurch bindet Reinhard Mey Klaar Kiming: Live sein Programm zu einem Ganzen.

Vergleich mit Studiofassungen und anderen Live-Alben

Viele Stücke kennt man aus Studiofassungen. Hier treten andere Farben hervor. Das Tempo sitzt leicht tiefer. Die Phrasen atmen länger. Die Witze fallen freier. Manchmal kippt ein Lied in eine neue Deutung. Ein Beispiel ist „Wenn ich betrunken bin“. Live klingt es wärmer, weniger kokett. „Ich singe um mein Leben“ wirkt direkter. Kein Hall, kein doppelter Boden. Auch die Länge macht den Unterschied. Songs wie „Faust in der Hand“ gewinnen an Gravitas. Das Publikum wirkt wie ein stiller Chor. In dieser Reibung entsteht Mehrwert. Darum lohnt Reinhard Mey Klaar Kiming: Live auch für Kenner.

Gestaltung, Länge, Hörökonomie

Die Länge der Stücke fällt auf. Mehrere Titel gehen über sechs, sieben, acht Minuten. „Neulich in der Dessousabteilung“ bringt es auf fast elf. Das verlangt Geduld. Doch die Bauweise rechtfertigt das. Spannungsbögen werden sorgfältig gesetzt. Kleine Pointen halten die Ohren wach. Refrains kommen selten zu früh. Bridge-Elemente bleiben knapp. So vermeiden die Songs Überhang. Auch die Abfolge hilft. Schwere Themen stehen nie direkt nebeneinander. Ein leichter Titel lockert nach. Dann darf wieder Tiefe kommen. Das ist Hörökonomie. Sie fühlen sich gut geführt. So trägt Reinhard Mey Klaar Kiming: Live über die gesamte Spieldauer.

Die Kunst der Ansage: Moderation als Teil der Musik

Zwischen den Liedern spricht der Sänger. Er erzählt, rahmt, lächelt. Doch er doziert nie. Die Ansage ist Teil des Takts. Sie schlägt den Bogen zum nächsten Song. Manche Pointe fällt erst im Rückblick. Manche Anekdote erklärt einen Akkordwechsel. Das verstärkt die Intimität. Sie sitzen förmlich in der dritten Reihe. Das Ohr folgt gern. Der Fluss reißt nicht ab. Die Worte sind ebenso komponiert wie die Musik. So wächst das Ganze zusammen. Auch das ist bestechend an Reinhard Mey Klaar Kiming: Live.

FĂĽr wen eignet sich dieses Album?

Wenn Sie klare Worte lieben, sind Sie hier richtig. Wenn Sie leisere Musik mögen, noch mehr. Wenn Sie politische Lieder schätzen, ohne Pathos, ebenfalls. Wenn Sie Humor mögen, der nicht laut wird, sowieso. Dieses Album ist kein schneller Snack. Es ist ein Abend. Man hört es am Stück am besten. Doch einzelne Titel funktionieren auch allein. Neueinsteiger finden einen guten Querschnitt. Kenner entdecken neue Nuancen. Das macht die Stärke von Reinhard Mey Klaar Kiming: Live aus.

Fazit: Ein Konzert, das bleibt

Am Ende bleibt das Bild eines klaren Horizonts. Der Blick reicht weit, doch er blendet nicht. Die Musik bleibt nah, doch sie klebt nicht. Das Album zeigt einen Künstler, der weiß, was er tut. Es zeigt auch, was ein Lied vermag. Es kann trösten, warnen, lachen, erinnern. Es kann ohne großes Besteck groß wirken. Das gilt hier besonders. Jede Note sitzt. Jede Pause spricht. Das Ganze ist mehr als eine Setlist. Es ist eine Haltung in Konzertform. Wer das sucht, wird fündig. Darum gehört Reinhard Mey Klaar Kiming: Live zu den prägenden Live-Dokumenten seiner Art.

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