Letztes Update: 06. Oktober 2025
Reinhard Meys Klaar Kiming: Live fängt die Intimität seiner Konzerte ein: Stimme, Gitarre und feinsinnige Geschichten. Der Artikel analysiert Songauswahl, Performance und Klang, lobt Nähe zum Publikum und nennt auch kritische Momente.
Es gibt Live-Alben, die dokumentieren nur einen Abend. Und es gibt Abende, die eine Ära bündeln. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live gehört zur zweiten Sorte. Hier trifft eine große Stimme auf klare Worte. Das Ergebnis ist intim, politisch und erstaunlich heiter. Und es ist ein Porträt eines Künstlers, der sein Publikum ernst nimmt. Jede Note wirkt bedacht. Jeder Zwischenruf zählt.
Der Titel klingt norddeutsch. Sinngemäß bedeutet er „klarer Horizont“. Er passt. Denn der Blick dieses Albums ist weit und frei. Er ist aber nie kalt. Die Veröffentlichung am 26. Mai 2003 fällt in eine Zeit des Umbruchs. International gab es Krisen. Hierzulande gab es Debatten. Mey greift das auf. Er tut es ohne Parolen. Er arbeitet mit Bildern, Humor und Milde. Gerade diese Schlichtheit macht stark. Sie spüren das von Anfang an.
Reinhard Mey Klaar Kiming: Live setzt auf Nähe. Es gibt kein großes Orchester. Es gibt Gitarre, Stimme und viel Luft. Das klingt einfach. Doch es trägt den ganzen Abend. Die Bühne scheint nah. Sie hören jede Regung. Sie hören auch das Lächeln. So entsteht Vertrauen. Das ist die Basis dieser Aufnahme.
Gute Live-Technik ist unsichtbar. Hier gelingt das. Die Gitarre klingt warm. Die Stimme steht vorn. Der Raum atmet, doch er drängt sich nicht auf. Sie spüren, wie die Pausen wirken. Ein kurzer Atemzug, ein Raunen, ein Lachen. Dieses Timing ist Kunst. Und es macht die Aufnahme zeitlos. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live ist kein Best-of im Saal. Es ist ein Gespräch. Es ist ein Abend, der mit Ihnen spricht.
Das Publikum reagiert, aber es stört nicht. Es unterstützt die Songs. Es lacht, wenn es soll. Es schweigt, wenn es muss. Das schafft eine schöne Balance. Es ist, als säßen Sie in der dritten Reihe. Nah genug für Gesten. Fern genug für Übersicht. So sollte ein Mitschnitt klingen.
Das Werk erscheint in zwei Fassungen, beide auf CD. Eine Ausgabe umfasst 11 Stücke. Die andere enthält 13 weitere. Beide zusammen geben ein Bild mit Tiefe. Die Auswahl mischt Klassiker und spätere Lieder. Melancholie trifft Witz. Zeitkritik trifft Alltag. Das wirkt nicht sprunghaft. Es wirkt kuratiert. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live erzählt eine Reise. Sie startet groß. Sie endet leise. Dazwischen staunen Sie oft.
Die erste Fassung trägt Schwergewichte. „Das Narrenschiff“ öffnet den Abend. Acht Minuten lang baut Mey Druck auf. Danach folgt das warme „Ein Stück Musik von Hand gemacht“. Später kommt „Sei wachsam“. Das ist lang und scharf. Und doch bleibt es melodisch. Dann wechseln die Farben. „Pöter“ und „Der kleine Wiesel“ lockern die Mitte. Am Ende überrascht „Neulich in der Dessousabteilung“. Fast elf Minuten feiner Humor. Statt Klamauk bekommen Sie Beobachtung. Das ist klug. Und es bleibt charmant.
Die 11 Titel wirken wie ein Bogen. Ernstes führt hinein. Heiteres führt wieder hinaus. Dazwischen liegen kleine Wendungen. „Zeugnistag“ erinnert an Schulflure, Angst und Zärtlichkeit. „Faust in der Hand“ packt den Kern. Wut wird hier nicht groß. Sie wird präzise. So bleiben die Stücke offen. Sie stoßen niemanden weg. Sie laden ein. Genau das macht diese Auswahl so stark. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live zeigt damit das Herz seiner Bühne.
Auch die Reihenfolge ist sauber gesetzt. Nach einem schweren Lied folgt ein helles. Nach einem schnellen folgt ein ruhiges. Die Gitarre variiert Muster und Tonarten. Das hält das Ohr wach. Es wirkt wie eine Konzertdramaturgie, nicht wie eine Sammlung. Das ist entscheidend. Nur so hält die Spannung über die gesamte Dauer.
Die zweite CD-Fassung mit 13 Songs ergänzt den Blick. Sie bringt noch mehr Seele und Raum. „Ich singe um mein Leben“ klingt wie eine Überschrift. „Rüm Hart“ weht nordisch und weit. „Mein Land“ fragt ohne zu predigen. „Frei!“ feiert das Ich, doch niemals laut. Die Mischung bleibt fein austariert. Geschichte, Alltag, Liebe, Abschied. Auch hier stimmt der Wechsel. Sie gehen mit. Sie fühlen sich gemeint. Das ist der Kern jeder guten Live-Platte. Und genau hier gewinnt Reinhard Mey Klaar Kiming: Live an Profil.
Besonders schön: „Weißt du noch, Etienne?“ erinnert an Freundschaft. „Laß Liebe auf uns regnen“ setzt einen zarten Schlusspunkt. Dazwischen fegt „Irgendein Depp mäht irgendwo immer“. Das ist witzig und wahr. Es erdet den Abend. Diese Lieder zeigen, wie Mey Blick und Ton hält. Nie wird es platt. Nie wird es pompös. Er bleibt nah. Das bleibt hängen.
Mey ist kein Lautsprecher. Aber er duckt sich nicht. Seine politische Schärfe sitzt in Bildern. Sie sitzt in Haltungen. „Das Narrenschiff“ und „Sei wachsam“ stehen dafür. Doch es gibt auch zarte Linien. „Ich bin“ und „Mein Land“ sind Beispiele. Da ist eine Stimme, die weiß, was sie sagt. Sie erhebt sich, wenn nötig. Sie lehnt sich zurück, wenn es reicht. Genau diese Haltung macht das Album relevant. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live wird so zur Bestandsaufnahme. Und es bleibt dabei sehr menschlich.
Viele Chansonniers tragen Pathos. Mey trägt Empathie. Er erzählt nicht von oben herab. Er steht neben Ihnen. Er zeigt Fehler und Zweifel. Das berührt. Das wirkt politisch, obwohl es oft persönlich ist. Diese Verschiebung ist klug. Sie lädt zum Denken ein. Sie schlägt nicht zu. Sie öffnet Räume.
Diese beiden Stücke sind Pfeiler. „Das Narrenschiff“ dauert hier über acht Minuten. Es wächst mit jeder Strophe. Die Gitarre bleibt sparsam. Die Stimme zieht an. Die Bilder treffen hart. Und doch bleibt Spielraum für Ihre Gedanken. Das macht die Qualität aus. Auch „Sei wachsam“ wirkt hier besonders. Es ist Mahnung, aber auch Bitte. Der Live-Raum gibt Zeilen mehr Atem. Man hört Zwischenlaute. Man hört die Stille danach. Das verstärkt die Wirkung. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live gibt diesen Liedern die Bühne, die sie brauchen.
Zwischen den beiden Säulen stehen leise Brücken. „Aber morgen“ öffnet Hoffnung. „Immer mehr“ fragt still nach. So entsteht eine Dramaturgie, die nicht auf Krawall setzt. Sie vertraut der Sprache. Sie vertraut der Metapher. Das ist traditionell und modern zugleich.
„Rüm Hart“ trägt Wind in die Halle. Der Begriff steht für Weite im Herzen. Das passt zu diesem Teil. „Mein Land“ prüft Zugehörigkeit, ohne Schlagwort. „Ich singe um mein Leben“ erzählt vom Antrieb. Und „Die Blitzlichter machen uns zu Idioten“ lacht über das Rampenlicht. All das sitzt locker auf der Gitarre. Die Akkorde sind einfach, aber variabel. So entstehen feine Farben. Sie spüren die wechselnden Bilder. Und sie bleiben doch in einem gemeinsamen Raum. Auch hier punktet Reinhard Mey Klaar Kiming: Live mit Balance.
„Leb’ wohl Adieu gute Nacht“ schließt einen Bogen. „Viertel vor sieben“ bringt eine Alltagsuhr auf die Bühne. Es sind Lieder, die aus wenig viel machen. Das ist Meistersache. Das ist Handwerk und Haltung.
Ein Live-Abend braucht Luft. Die liefern die Alltagsszenen. „Pöter“ spielt mit Sprache. „Der kleine Wiesel“ erlaubt ein Lachen zwischendurch. „Neulich in der Dessousabteilung“ wird zur Miniatur. Das ist Beobachtungskunst. Es ist nie zynisch. Es ist liebevoll und spitz. Genau dieses Maß hält den Abend beweglich. Nach einem schweren Song dürfen Sie lachen. Danach hören Sie wieder schärfer. Diese Kurven sind bewusst gesetzt. Sie machen Reinhard Mey Klaar Kiming: Live zu einem echten Bühnenabend.
Humor ist hier mehr als Pointe. Er ist ein Mittel der Nähe. Wer lacht, öffnet sich. Danach dringen andere Töne tiefer ein. Mey nutzt das. Er macht es nicht billig. Er macht es klug.
Das Herz des Albums ist die Stimme. Sie trägt Wärme und klare Kante. Das Vibrato ist sparsam. Die Phrasen sind präzise. Nichts ist Zufall. Die Gitarre begleitet eng, doch nie starr. Kleine Läufe, wenige Verzierungen. Es zählt das Wort, nicht der Trick. Dieses Maß ist sein Markenzeichen. Sie hören es in jeder Nummer. Und genau das trägt Reinhard Mey Klaar Kiming: Live über die Zeit.
Auch die Aussprache fällt auf. Konsonanten sind rund. Vokale sind klar. Das erhöht die Verständlichkeit. Es hilft auch der Mischung. Der Saal bleibt verständlich, selbst in leisem Ton. So will man eine Live-Platte hören.
Live-Musik ist Dialog. Das Publikum gibt Energie. Hier ist das fein abgebildet. Es gibt Applaus an den richtigen Stellen. Es gibt kleine Reaktionen. Sie stören nie. Sie tragen. Besonders in den ernsten Liedern wirkt das Schweigen. Danach bricht Erleichterung aus. Das Timing stimmt. Pausen sind Teil der Musik. Diese Kunst prägt Reinhard Mey Klaar Kiming: Live.
Die Moderationen bleiben dezent. Es gibt keine langen Monologe. Es gibt Hinweise, Blicke, kurze Bilder. So bleibt der Fluss erhalten. Und Sie bleiben im Lied.
Viele dieser Lieder kennen Sie von Studioalben. Im Saal klingen sie anders. Sie sind offener. Atmen mehr. Kleine Temposchwankungen leben. Melodien bewegen sich freier. Das hebt besonders die langen Lieder. „Frei!“ gewinnt an Größe. „Ich bin“ wirkt intimer. Humorstücke profitieren vom Publikum. Ein leises Kichern reicht. Und schon entstehen neue Farben. So liegt der Mehrwert auf der Hand. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live zeigt die Essenz des Materials.
Die Abmischung unterstützt das. Gitarre und Stimme stehen fest. Raumanteile sind gezielt gesetzt. Kein Hallteppich, der alles weich spült. Das macht die Aufnahme robust. Sie hält auch heute noch.
Das Jahr 2003 war aufgewühlt. Globalpolitik, Medienwandel, neue Ängste. Diese Stimmung klingt mit. Doch das Album schreit nicht. Es sucht Worte, die bleiben. Es sucht Bilder, die tragen. So wirken die politischen Lieder nicht alt. Sie wirken wach. Das gilt auch für die Alltagsszenen. Sie sind nicht nur nett. Sie zeigen, wie Menschen leben und fühlen. Das ergibt ein Panorama. Und es bleibt an der Person fest. Genau diese Mischung macht die Platte heute noch wichtig.
Wenn Sie neu einsteigen, ist das Album ein guter Start. Wenn Sie Mey kennen, entdecken Sie Nuancen. Beides ist möglich. Das ist selten. Und es ist ein Kompliment an die Sorgfalt des Abends.
Ein Live-Album altert schnell, wenn es auf Effekt setzt. Dieses setzt auf Haltung. Es gewinnt dadurch mit der Zeit. Die Songs sind stark. Die Dramaturgie ist klar. Die Aufnahme ist ehrlich. All das macht den Abend wertvoll. Darum bleibt Reinhard Mey Klaar Kiming: Live ein Bezugspunkt. Für Liedkunst. Für Sprache. Für gutes Zuhören.
Es ist auch ein Album über Maß. Laut darf sein. Leise darf sein. Beides hat eine Aufgabe. In Zeiten der Dauerreize tut das gut. Diese Platte lädt ein, einen Abend lang wirklich da zu sein. Mit offenen Ohren. Mit offenem Herzen. So findet die Musik ihren Sinn.
Wenn Sie Chansons lieben, führt kein Weg daran vorbei. Wenn Sie politische Lieder scheuen, geben Sie ihm trotzdem eine Chance. Hier wird nicht gepredigt. Hier wird erzählt. Wenn Sie Humor brauchen, werden Sie lachen. Wenn Sie Tiefe suchen, werden Sie fündig. Das ist die Stärke dieses Abends. Er lässt Platz für Sie. Und er hält Sie doch fest.
Als Dokument einer Künstlerpersönlichkeit ist es stark. Als Konzert fürs Wohnzimmer ist es warm. Als Blick in ein Land ist es klug. Als Sammlung großer Songs ist es ergiebig. Reinhard Mey Klaar Kiming: Live ist damit mehr als ein Mitschnitt. Es ist ein Lehrstück in Ton und Takt. Und es ist ein Abend, den Sie wiederholen wollen.
Am Ende bleibt ein klarer Eindruck. Hier spielt einer, der weiß, wie man erzählt. Er setzt auf Handwerk und Gefühl. Er vertraut auf das Wort. Das Ergebnis ist ein Album, das lange trägt. Sie können es heute hören und morgen wieder. Es wird nicht leer. Es wird reicher. Genau deshalb bleibt Reinhard Mey Klaar Kiming: Live wichtig. Für Sie, für das Genre, für den Blick nach vorn.
Das Album "Klaar Kiming: Live" von Reinhard Mey bietet eine eindrucksvolle Sammlung seiner besten Live-Auftritte. Wenn Sie ein Fan von Singer-Songwritern sind, könnte auch das Album Klaus Hoffmann Das süße Leben von Interesse für Sie sein. Klaus Hoffmann ist bekannt für seine tiefgründigen Texte und seine gefühlvolle Musik, die ebenso wie Reinhard Meys Werke, das Herz berührt.
Ein weiteres bemerkenswertes Album ist Stephan Sulke Ich mach’s wieder. Stephan Sulke hat mit seinen humorvollen und oft nachdenklichen Liedern eine treue Fangemeinde gewonnen. Seine Musik bietet eine perfekte Ergänzung zu den melancholischen und poetischen Klängen von Reinhard Mey.
Für Liebhaber von Reinhard Mey könnte auch das Album Reinhard Mey Ankomme Freitag, den 13. von großem Interesse sein. Es zeigt eine andere Facette von Meys Talent und bietet eine tiefere Einsicht in seine künstlerische Entwicklung. Beide Alben zusammen bieten ein umfassendes Bild seiner musikalischen Reise.