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Wolf Biermanns Lieder vom preussischen Ikarus – Analyse & Kritik

Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus – Eine kritische Vorstellung

Letztes Update: 05. Oktober 2025

Der Artikel stellt Wolf Biermanns Album 'Lieder vom preussischen Ikarus' vor, analysiert Texte, Kompositionen und historische Bezüge und bietet eine kritische Bewertung. Sie erhalten Einordnungen zu Highlights, Schwächen und dem Gesamtklang des Werks.

Vorstellung und Kritik des Albums Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus

Ein Album als BrĂĽcke zwischen Zeiten

Dieses Album wirkt wie eine Brücke. Es schlägt einen Bogen von der Nachkriegszeit bis zum Millenniumsjahr. Sie hören einen Dichter, der sich selbst beim Denken ertappt. Er singt, und er grübelt. Er tröstet, und er stachelt an. Die Stücke tragen Spuren von Kämpfen, von Witz und von Wunden. Sie kommen direkt daher. Und sie halten lange nach. Das macht die besondere Kraft aus.

Im Kern ist Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus eine Sammlung, die sich wie ein Panorama liest. Hier stehen zornige Lieder neben stillen Balladen. Hier rascheln alte Akten, und hier duftet frisches Holz. Es ist ein Album, das Geschichte verhandelt. Doch es spricht immer im Ton des Augenblicks. So bleibt es klar und lebendig.

Der doppelte Rahmen: Berlin und Paris

Die Veröffentlichung von 1999 kommt als Doppel-CD. Jede Seite hat 18 Titel. Die erste CD atmet Berlin. Sie führt durch Straßen, Gerichte und Kneipen. Sie zeigt Schatten, doch auch die helle Kante. Titel wie „Berlin du deutsche, deutsche Frau“, „Die Stasiballade“ oder „Frühling auf dem Mont-Klamott“ zeichnen Orte und Figuren. Alles klingt nah. Sie stehen fast mit im Raum.

Die zweite CD öffnet eine Tür nach Paris. „Kaminfeuer in Paris“, „Rencontre a Paris“ oder „Auf dem Friedhof am Montmatre“ malen Szenen der Fremde. Doch es ist keine Flucht. Es ist ein Blick von außen zurück nach innen. So entsteht ein Pendeln zwischen zwei Städten. Dieses Pendeln gibt Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus einen offenen Puls. Es ist ein Atem zwischen Heimat und Exil.

Warum Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus heute wirkt

Die Figur Ikarus ist mehr als ein Bild. Sie steht hier fĂĽr Mut, Wagnis und Sturz. Sie steht auch fĂĽr die Frage: Wie nah darf ich an die Sonne? Diese Frage bleibt aktuell. Politik zeigt sie. Arbeit zeigt sie. Kunst zeigt sie. Darum spricht Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus ĂĽber die Zeit hinaus. Es rĂĽhrt an eine tiefe Erfahrung, die jede und jeder kennt.

Das Album legt den Finger auf Widersprüche. Es lobt den Zweifel. Es lobt auch den Trotz. Es feiert Neugier, doch warnt vor Starrsinn. So klingt das Werk scharf und zugleich mild. Es lädt Sie ein, eine Position zu finden. Nicht nur zu hören, sondern zu antworten. Genau darin liegt seine bleibende Wucht.

Stimme und Gitarre: die Nacktheit als Programm

Biermanns Stimme ist rau. Sie ist kratzig und warm zugleich. Sie kann schimpfen, weinen und lachen. Die Gitarre dazu ist schlank. Es gibt kaum Zierrat. Das ist Absicht. Diese Nacktheit zeigt Haltung. Sie macht die Worte hörbar. Sie lässt keinen Staub auf dem Satz. So bleibt jedes Lied trittsicher, selbst wenn es stolpert.

Sie hören keine Hochglanz-Produktion. Sie hören Raum, Atem und Holz. Das trägt die Texte wie ein klares Brett. Und es passt zur Figur Ikarus. Denn auch der Flug hier hat wenig Schirme. Er lebt von Mut und von Form. Darum wirkt Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus so ungekünstelt und hartnäckig.

Textarbeit: Spott, Trost und Trotz

Die Texte mischen Spott mit Trost. Das ist die alte Schule der Ballade und des Chanson. Die Pointe ist oft leise. Der Schlag sitzt selten im Refrain. Er kommt im Nebensatz. Oder als kleines Bild, das bleibt. Ein Friedhof. Ein leerer Stuhl. Ein gebrochenes Geländer. So wird Geschichte konkret. Sie lässt sich anfassen.

Auch die Sprache selbst spielt mit Widerstand. Es gibt Kanten. Es gibt Sprünge. Es gibt Reime, die sich sperren. Darin liegt Witz. Darin liegt auch Moral. Sie spüren es in „Die hab ich satt“, in „Der schwarze Pleitegeier“ oder in „Arbeitslos“. Mal stehen die Zeilen breit. Mal springen sie über das Ziel. So bleibt Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus wach und wendig.

Song-fĂĽr-Song-Momente

Das Album ist reich an Momenten, die sofort greifen. Einige StĂĽcke fĂĽhren den Ton vor. Andere bohren. Und andere tragen weit. Im Folgenden stehen vier Knotenpunkte. Sie geben einen Eindruck von Spannung und Reichweite. Sie zeigen, wie Form, Haltung und Stimme zusammengehen. So wird das groĂźe Bild sichtbar.

„Ermutigung“ und „Warte nicht auf bessre Zeit“

Diese beiden Lieder packen Sie bei der Hand. Sie versprechen keine Ruhe. Sie fordern Blick und Atem. „Ermutigung“ ist zart, doch es tritt an. „Warte nicht auf bessre Zeit“ ist eine Lektion in Gegenwart. Zusammen öffnen sie das Herz des Albums. Hier wird Trost zur Tat. Hier wird Geduld zur Kraft. Genau hier spürt man den Kern von Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus.

„Die Stasiballade“ und „Bilanzballade im 30sten Jahr“

Hier klingt der lange Schatten der Behörden. Doch die Lieder bleiben knapp und konkret. Es gibt keine Pose. Es gibt Bilder, die brennen. In der „Bilanzballade im 30sten Jahr“ meldet sich der Rückblick. Er ist streng, doch nicht starr. In der „Stasiballade“ glimmt Spott. Aus Spott wird Urteil. Das zeigt die politische Schärfe von Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus.

„Ballade vom preussischen Ikarus“

Das Titellied auf der zweiten CD ist das poetische Zentrum. Es nimmt den Mythos und erdet ihn. Der Flug ist kühn. Doch er kostet. Der Fall ist hart. Doch er lehrt. Dieses Lied ordnet die Sammlung. Es gibt der Figur Tiefe, ohne Pathos. Man hört, wie das große Bild in eine kleine Stimme passt. Das ist die Signatur von Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus.

„Nur wer sich ändert bleibt sich treu“

Dieser Satz fasst das späte Werk fast ganz. Er steht als Versprechen. Er steht auch als Warnung. Wandel ist Pflicht. Starre macht blind. Das Lied malt das in klaren Tönen. Kein Schmuck, kein Prunk. Nur Gedanke, Atem, Saiten. So klingt das Ethos, das viele mit Biermann verbinden. Und so bündelt Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus seine Lehre.

Produktion und Klang 1999

Die Produktion setzt auf Nähe. Sie hören Fingerarbeit auf Holz. Sie hören Luft zwischen den Saiten. Nichts verdeckt die Stimme. Die Worte stehen vorn. Selbst in den längeren Stücken bleibt der Fokus eng. „Die Populärballade“ oder „Villon in Deutschland: Wintermaerchen“ zeigen das gut. Die Dynamik wirkt organisch. Sie steigt nicht künstlich an. Sie fällt nicht ins Leere.

Diese Klarheit trägt den Stoff. Sie trägt auch die Zeitläufe, die darin kleben. Ein Stück wie „Das Hoelderlinlied“ braucht Raum und Ruhe. Es bekommt beides. Ein Song wie „Der Deserteur“ braucht Schärfe. Er bekommt Strich und Kante. So hält das Album die Balance. Es klingt frisch, obwohl es alt ist. Auch das spricht für Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus.

Historische Resonanz und Gegenwart

Die Biografie knistert mit. Biermann wurde 1976 aus der DDR ausgebürgert. Das prägt den Blick. Doch die Lieder sind keine Memoiren. Sie sind Werkzeuge. Sie schärfen für Gerechtigkeit. Sie bieten eindeutige Bilder an. Und sie lassen Raum für Zweifel. Damit treffen sie die Lage um 1999. Sie treffen auch das Heute.

Gerade diese doppelte Bewegung ist stark. Sie zieht Vergangenheit heran. Und sie stößt sie ab. Sie spricht mit den Toten. Und sie flüstert den Lebenden zu. Darin wohnt ein stiller Trotz. Der lädt zur Antwort ein. Wer hinhört, erkennt eine Schule des Blicks. Sie passt zu Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus.

Poetik der Orte: Friedhof, Mont-Klamott, Montmartre

Orte sind hier Figuren. Der Hugenottenfriedhof ist kein bloßer Schauplatz. Er ist ein Speicher für Fragen. Der „Mont-Klamott“ wettet auf Neubeginn. Montmartre zeigt die Fremde als Werkstatt. In diesen Räumen legt die Musik Spuren. Sie schreitet ab, was bleibt. Sie findet Worte für Verlust. Und sie findet Kraft in der Topografie.

So entsteht eine Kartenkunde des Gemüts. Das ist nicht sentimental. Es ist präzise. Es ist politisch durch den Blick, nicht durch Parolen. Sie lernen, Falten zu sehen. Sie lernen, Umwege zu nutzen. Diese Poetik passt zur Balladenform. Sie passt zur Stimme, die nah ist und doch Abstand hält. In dieser Kunst liegt der Zauber von Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus.

Das Lachen im Zorn: Kabarett und Ballade

Humor spielt eine große Rolle. Er ist nie Dekor. Er ist Waffe und Schutz. In „Der schwarze Pleitegeier“ oder „Pardon“ spüren Sie das. Da wird gelacht, um stehen zu bleiben. Das Lachen entlarvt. Es macht ernst erst möglich. So wird der Zorn nahbar. Und das Urteil bleibt beweglich.

Diese Mischung aus Kabarett und Ballade ist selten. Sie braucht Timing, Bild und Biss. Sie braucht auch Mut zur Lücke. Biermann lässt vieles offen. Er traut Ihnen zu, den Sprung zu machen. Genau hier wird das Album dialogisch. Es lädt zum Mitdenken ein. Es fordert, doch es überfordert nicht. Darum bleibt Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus eine Schule der Gelassenheit im Streit.

Einordnung im Werk

Im Gesamtwerk zeigt sich das Album als späte Summe. Es greift Motive aus früheren Jahren auf. Es spiegelt Einflüsse von Villon, Brecht und Hölderlin. Zugleich meidet es jede Nostalgie. Es arbeitet mit klaren Mitteln. Es streut auch neue Farben ein. Paris erweitert den Klang. Berlin erdet ihn.

Für Sie als Hörer bedeutet das: Sie bekommen eine dichte Auswahl. Sie hören Wege, die zusammenlaufen. Und Sie hören Konflikte, die bleiben. Es ist kein Best-of im leichten Sinn. Es ist eher ein Best-Why. Es zeigt, warum diese Lieder noch wollen. Es zeigt, warum sie müssen. So erklärt sich die Notwendigkeit von Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus.

Stärke und Schwäche: eine ehrliche Bilanz

Die Stärke liegt in der Klarheit. Die Worte sind präzise. Die Bilder sind stark. Die Stimme trägt die Last. Die Gitarre hält das Tempo. Die Auswahl der Stücke baut einen großen Bogen. Er hält vom ersten bis zum letzten Track. Wer zuhört, vergisst schnell die Zeit. Darin liegt die Kunst dieses Albums.

Die Schwäche liegt, wenn, in der Länge. 36 Titel sind viel. Der Atem bleibt nicht immer gleich. Ein, zwei Stücke wirken wie Skizzen. Doch auch diese Skizzen haben Sinn. Sie zeigen das Labor. Und sie machen die goldenen Stücke noch heller. Am Ende bleibt ein Werk mit Ecken, doch ohne Schwund. Das ist selten.

Wirkung im Konzertsaal des Kopfes

Wenn Sie das Album am Stück hören, wächst ein Theater im Kopf. Die Figuren kommen und gehen. Orte wechseln, aber die Haltung bleibt. Das schafft Bindung. Es macht die Lieder zu Begleitern. Wer sie einmal kennt, hört sie innerlich wieder. Auf Wegen. In Küchen. In Nächten. Genau so arbeitet große Liedkunst.

Der Trick dafür ist kein Trick. Es ist Handwerk, das nichts versteckt. Es ist eine Stimme, die nah bleibt. Es ist eine Gitarre, die trägt. Und es ist eine Sprache, die aufrecht steht. Das ergibt den weiten Nachhall. Das erklärt, warum Sie dieses Album nicht nur hören. Sie nehmen es mit.

Fazit: Ein Flug, der bewusst Risiken nimmt

Am Ende bleibt ein klares Urteil. Dieses Doppelalbum ist ein reifes Werk der deutschen Liedkunst. Es ist mutig, knapp und frei von Zier. Es verbindet Geschichte mit Gegenwart. Es hält Widersprüche aus. Es nimmt den Flug auf sich und kennt den Sturz. Gerade deshalb landet es bei Ihnen. Es lädt zu Haltung ein.

Wenn Sie ein Album suchen, das Sie trägt und fordert, dann ist dies eine gute Wahl. Es spricht zu Kopf und Herz. Es wird nicht alt, weil es nicht bequem ist. Es bleibt neugierig, weil es sich prüft. Das ist die Logik dieses Künstlers. Das ist die Logik von Wolf Biermann Lieder vom preussischen Ikarus.

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