Letztes Update: 09. September 2025
In diesem Artikel stellen wir Wenzels neues Album „Noch verschont von großen Kriegen“ vor und bieten eine detaillierte Kritik. Sie erfahren, wie das Werk mit poetischen Texten und musikalischer Vielfalt überzeugt.
Dieses Album trifft zur rechten Zeit ein. Am 22. September 2023 erscheint eine Arbeit, die Bilanz zieht und zugleich tröstet. Wenzel betrachtet die Welt, die ihm vor Augen liegt. Er fragt nach Wahrheit, nach Würde und nach dem Ton einer menschlichen Stimme. Die Welt wirkt laut, unübersichtlich, gereizt. Seine Lieder bleiben nah und klar. Sie sind leise, aber nicht zahm. Sie zeigen Kanten und halten aus.
Die Veröffentlichung kommt in zwei digitalen Editionen. Eine umfasst 22 Stücke. Die andere 19. Zusammen ergibt sich ein Panorama. Es wirkt wie ein Diptychon. Zwei Flügel, ein Blick. So entfaltet sich ein weites Feld: Krieg und Frieden, Wein und Zweifel, Statistik und Sehnsucht. Wenzel führt nicht vor. Er führt uns hindurch.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen ist keine Konzeptoper im engen Sinn. Doch die Lieder greifen ineinander. Kurze Stücke stoßen Türen auf. Längere Nummern gehen hinein. Der Aufbau ist schlau und gelassen. Er vermeidet den großen Gestus. Er setzt auf Folge und Fuge.
Der Titel ist ein Satz wie ein Spiegel. Er blendet nicht. Er benennt ein Glück. Und er nennt zugleich ein Risiko. „Noch“ ist das kleine Wort der Vorsicht. Genau diese Vorsicht ist die Haltung des Albums. Wenzel lässt die Verzweiflung zu, aber er badet nicht in ihr. Er öffnet Raum für Anteilnahme. Er zündet kleine Lampen an.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen stellt sich dem Heute. Es vermeidet Parolen. Es sucht die genaue Stelle, an der das Private politisch wird. Und die Stelle, an der das Politische privat wird. Diese Bewegung macht die Lieder so lebendig. Sie spüren, statt zu demonstrieren. Sie fragen, statt zu urteilen. Sie sprechen Menschen an, nicht „Zielgruppen“.
Der rote Faden ist ein leiser, doch fester Ton. Er trägt durch scharfe Schnitte und zarte Gesten. Er hält das Album zusammen. Er lässt es atmen.
Wenzel ist ein Dichter, der singt. Er wählt kurze Sätze. Er liebt starke Verben. Er meidet das Gerede. So entsteht ein Klang aus Klarheit. Viele Zeilen wirken wie hingeworfen. Doch sie sind wohl gebaut. In den Refrains finden sich einfache Bilder. Ein Glas. Ein Bett. Ein Sturm. Eine Statistik. Diese Bilder sind Türen. Dahinter liegen Geschichten.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen lebt von diesem Wechsel. Zwischen Bild und Gedanke. Zwischen Szene und Idee. Er misstraut der Floskel. Er sucht den Satz, der trägt. Das ist Chanson-Kunst in Reinform. Aber ohne Schmuck. Ohne Staub. Mit Witz, der nie zynisch wird. Mit Wärme, die nicht weich wird.
Die Musik bleibt akustisch. Sie wirkt nah und handgemacht. Akkordeon, Gitarre, Klavier, Kontrabass und leise Perkussion bilden den Kern. Manchmal eine Klarinette, manchmal ein Flügelhorn-Ton. Viel Holz. Viel Luft. Nichts drängt. Alles atmet.
Die Arrangements sind sparsam und klug. Eine Figur reicht oft. Ein Ostinato, ein Bordun, ein Pinselstrich. Darauf liegt die Stimme. Rau, warm, geerdet. Sie trägt die Worte und verrät sie nicht. Wenzel Noch verschont von großen Kriegen nutzt Dynamik sehr fein. Kurze Skizzen wirken wie Sketche aus Tinte. Längere Lieder entfalten sanftes Volumen. So bleibt die Spannbreite groß, ohne zu zerren.
Die Edition mit 22 Stücken zeigt die gesellschaftliche Kante. Hier wird gezählt, gestaunt, gezweifelt. Und hier leuchtet das Freie, das nicht gezähmt sein will. Schon die Eröffnung „Nicht fürs Süße, nur fürs Scharfe“ legt einen Ton fest. Es geht nicht um Zucker. Es geht um Schärfe, Würze, Biss.
„Rätsel“ und „Die Wohnung des Menschen heißt Erde“ verdichten den Blick. Das eine knappt die Sprache. Das andere weitet sie. „So wie es war“ schaut auf Gewohnheit und Trug. „Sieben Jahre Lockdown“ umfasst die jüngste Erfahrung. Das Lied starrt nicht zurück. Es prüft, was blieb: Risse, Nähe, Müdigkeit.
„Leningrad“ verweist auf Geschichte. Auf Leid, Hunger, Trotz. Das Lied hält Distanz und Nähe in Balance. „Ohne Statistik wissen wir nicht, wer wir sind“ und „Santa Statistica“ bilden ein Paar. Sie beleuchten das Bedürfnis, die Welt zu messen. Und die Gefahr, das Maß mit dem Leben zu verwechseln.
„Tausend Tode“ spricht von Verlust ohne Pathos. „Wer was versteht, lebt gefährlich“ ist ein Funken, kurz und sarkastisch. „Irgendwo und irgendwann“ greift die Fluchtlinien auf. „Deutschland ist am schönsten weit aus der Ferne“ ist eine bittere Miniatur. „Kleines Cevennen Lied“ dagegen öffnet Landschaft und Atem.
„Das rollende R“ und „Illegal in Mecklenburg‐Vorpommern“ bringen Humor und Heimat in Reibung. „Ich habe kein Tattoo“ und „Ick sitze da und mache nischt“ sind Miniaturen. Fast Notizen. „Du hast den Sturm für mich bestellt“ gehört zu den großen Nummern dieser Edition. Ein Liebeslied, das Unwetter nicht scheut. „Was kümmert mich im Grunde“ holt den Zweifel zurück ins Ich. „Die Krüppel“ stellt Blick und Würde in die Mitte. „Seitenwechsel“ und „Der Sommer ist aus“ schließen den Bogen. Die Zeit dreht sich. Der Ton bleibt klar.
Dieses Stück tanzt leicht und sticht tief. Der Groove wiegt. Die Worte piksen. Das Lied stellt die Frage, wem wir Glauben schenken. Zahlen oder Geschichten. Es antwortet nicht platt. Es zeigt die Sehnsucht nach Ordnung. Und es zeigt den Preis, den diese Ordnung fordert. Wenzel Noch verschont von großen Kriegen nutzt hier Witz als Werkzeug. Er öffnet Lächeln und Widerstand zugleich.
Das Lied steht still. Ein Bass atmet. Das Akkordeon hält. Die Stimme bleibt ruhig. Keine Pose. Keine Pose ist nötig. So entsteht Respekt. So wird Raum frei für einen Blick, der nicht ausweicht. Die Kraft liegt in der Schlichtheit. Sie bleibt.
Die Edition mit 19 Stücken betritt ein anderes Zimmer. Es riecht nach Kork, nach Nacht, nach Tisch. „Jedes ich braucht auch ein du“ stellt die Weiche. Es geht um Nähe. Um die brüchige Würde des Dialogs. „In den Himmeln der Weine“, „Alkohol ist keine Lösung“ und „Das letzte Glas“ erkunden einen alten Stoff. Das Trinken als Ritual. Als Trost. Als Fehler. Als Feier. Die Lieder sind schlau. Sie heben den Zeigefinger nicht. Sie zeigen Hände, die ein Glas halten. Und die lernen, es wieder abzustellen.
„Fehlender Buchstabe“ ist eine poetische Miniatur. Ein Alphabet der Lücke. „Der Sommer ist gekommen“ dreht die Blickachse. Leichte Musik, schweres Wissen. „Zwei Selbstporträts“, „Selbstporträt 1946“ und „Selbstbildnis 1981“ blicken auf Lebenslinien. Nicht nostalgisch. Eher prüfend. Wie ein Maler vor der Staffelei.
„Suspiro del Moro“ wechselt die Farbe. Ein Hauch von Südeuropa. Ein Schatten von Geschichte. „In den Ländern schläft der Krieg“ hält den Titel der Gesamtveröffentlichung an der Hand. Schlaf ist kein Frieden. Wenzel Noch verschont von großen Kriegen erinnert daran. „Ehe ich im Bett gewesen“ und „Die Hoffnung ist im Eimer“ führen den Alltag fort. Mal heiter, mal herb. „Wenn alle untreu werden“ und „Schütze mich vor diesem Fluch“ setzen auf Traditionstöne. Aber sie verlieren die Gegenwart nicht.
„Laßt uns verweilen“ nimmt Tempo heraus. „Kleines Abendgebet“ schließt die Augen, ohne sie zu verschließen. „Teile und herrsche“ ist der politische Stachel im weichen Kissen. „Die Zeit der Irren und Idioten“ beendet die Edition mit einem nüchternen Blick. Die Welt ist nicht verrückt. Sie ist nur oft unbarmherzig. Und Menschen machen sie so. Das Lied benennt das. Es ruft aber auch zu Haltung auf.
Der Titel ist eine stehende Redensart. Die Musik hält den Spiegel so, dass sie flackert. Mal klingt Spott. Mal klingt Scham. Am Ende steht ein stilles Nicken. Das Thema bleibt ein Ringen. Kein Urteil, sondern Einsicht. So entsteht Reife im Lied.
Ein leises Gebet, das den Kopf nicht senkt. Ein Finger auf der Kerze, die nicht raucht. Die Worte sind schlicht. Sie treffen. Wenzel Noch verschont von großen Kriegen findet hier einen Kern. Ein Minimum an Trost. Ohne großen Rahmen. Ohne Schattenwurf. Gerade deshalb stark.
Das Stück zeigt, wie Spaltung entsteht. Nicht als Verschwörung. Als Gewohnheit. Als Kalkül. Ein Rhythmus, der treibt. Eine Figur, die sich teilt. So klingt die These. Das Lied lässt den Mechanismus hörbar werden. Und gibt Ihnen ein Werkzeug, ihn zu erkennen.
Wenzels Stimme ist ein Werkzeug der Wahrheit. Nicht perfekt, aber präzise. Sie trifft die Worte so, dass sie lange stehen. Man spürt Zorn. Man spürt Milde. Beide Kräfte halten einander. Die Haltung ist wach. Sie ist nicht abgeklärt im Sinne von müde. Sie ist abgeklärt im Sinne von klar.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen zeigt eine Stimme, die Verantwortung übernimmt. Sie spielt sich nicht in den Vordergrund. Sie gibt den Sätzen Raum. Und sie weiß, wann Schweigen die stärkste Geste ist. Die leisen Endungen einiger Lieder bleiben im Ohr wie ein Nachbild.
Die Tradition des Chanson ist hier lebendig. Es gibt die Nähe zur literarischen Schule. Es gibt den Blick auf soziale Fragen. Es gibt den Witz, der in eine Falte der Zeit greift. Doch das Album klingt nicht museal. Es klingt nach Heute. Nach Straße, Küche, Kneipe, Grenzpfad.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen stellt eine Brücke her. Zwischen Degenhardt und den jüngeren Liedschreibern. Zwischen Brecht’schem Geist und Folk-Intimität. Zwischen Studio und Bühne. Diese Brücke trägt, weil sie aus einfachen Planken gebaut ist. Holz, Atem, Wort. Mehr braucht es nicht.
Die Produktion vertraut den Stimmen, nicht den Effekten. Raum ist hörbar. Kleine Geräusche bleiben im Mix. Ein Atem vor dem Einsatz. Ein zitternder Ton im Akkordeon. Das erhöht die Nähe. Es macht die Lieder glaubhaft.
Die Dramaturgie der zwei Editionen überzeugt. Die kurzen Stücke gliedern. Sie sind Stichworte. Sie halten die Hand an der Pulsader. Dann folgen Lieder mit größerem Bogen. Sie sammeln, was die Skizzen angedeutet haben. Am Ende steht kein Fazit in Stein. Es steht eine offene Einladung. Wieder zu hören. Anders zu hören.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen deutet dabei eine Bühne an. Man sieht die Musiker fast vor sich sitzen. Man hört die Pausen. Man spürt, wann der Blick im Raum schweift. Diese Präsenz ist eine Qualität der Aufnahme. Sie ist Teil des Gehalts.
Politik im Lied ist heikel. Sie kippt rasch in Predigt. Hier bleibt sie kunstvoll gebunden. Durch kleine Szenen. Durch Bilder, die nicht erklären, sondern zeigen. „Illegal in Mecklenburg‐Vorpommern“ macht das deutlich. Es spricht nicht über Paragraphen. Es zeigt Gefühl, Ort, Blick. „Teile und herrsche“ benennt Strukturen. Aber es zeigt die Wirkung im Alltag.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen kennt den Schmerz des großen Themas Krieg. Es ruft nicht zum Marsch, sondern zur Wahrnehmung. Es sammelt Einzelfälle. Es zählt nicht, um zu addieren. Es zählt, um zu erinnern. So entsteht Politik, die vom Menschen her denkt. Das ist die Stärke dieser Lieder.
Humor ist hier kein Zuckerguss. Er ist ein Ventil. Er lässt Luft aus harten Themen. „Das rollende R“ spielt mit Klang. „Ich habe kein Tattoo“ lächelt über Geltungsdrang. „Ick sitze da und mache nischt“ landet einen Dialekt-Funken. Diese Momente sind kostbar. Sie balancieren die Schwermut.
Die Schwermut selbst wird nie fett. Sie bleibt beweglich. „Tausend Tode“ achtet darauf. „Der Sommer ist aus“ ebenso. Beide Lieder halten das Leid aus. Aber sie lassen ihm nicht die ganze Bühne. Wenzel Noch verschont von großen Kriegen führt die Gegengewichte klug zusammen. So bleibt die Hörreise spannend. Und sie bleibt menschlich.
Nach dem Hören bleibt ein Gefühl von Ernst und Auftrieb. Man hat etwas verstanden, ohne belehrt zu werden. Man hat etwas gefühlt, ohne überschwemmt zu sein. Einige Bilder bleiben sofort. Das Glas auf dem Tisch. Die Zahl im Notizbuch. Ein Blick aus der Ferne auf ein Land, das man doch liebt. Ein Abend, den man anhalten möchte.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen schenkt Ihnen Wörter, die Sie mitnehmen können. Einfache, starke Sätze. Kleine Melodien, die tragen. Sie wecken keine Sucht nach dem nächsten Hit. Sie wecken Lust auf das nächste Gespräch. Das ist viel in einer lauten Zeit.
Wenn Sie Chanson lieben, finden Sie hier ein Haus. Wenn Sie Texte lieben, finden Sie hier eine Werkstatt. Wenn Sie die Gegenwart verstehen wollen, ohne in Rage zu geraten, finden Sie hier einen Tisch. Das Album trägt auch auf langen Wegen. Es funktioniert im Zimmer und im Zug.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen ist nichts für die reine Flucht. Es ist ein Angebot an Geduld. Es verlangt Aufmerksamkeit. Aber es dankt sie reich. Wer bereit ist, wird beschenkt. Mit Blick. Mit Takt. Mit Trost, der nicht weich ist.
Im Werk von Wenzel markiert diese Veröffentlichung einen reifen Punkt. Die Themen sind vertraut, doch der Zugriff ist entschlackt. Die Arrangements sind feiner geworden. Die Worte stehen näher an der Haut. Die beiden Editionen zeigen eine Lust, Form zu ordnen und zu öffnen zugleich.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen wirkt wie ein Knotenpunkt. Es sammelt Fäden, die Wenzel seit Jahren spinnt. Es führt sie noch einmal zusammen. Und es weist weiter. Die nächsten Lieder werden an diesen Punkt anknüpfen. Man hört das Zwischenstadium. Und das ist aufregend.
Dieses Album ist notwendig. Nicht, weil es Antworten liefert. Sondern, weil es Fragen stellt, die gelten. Es ist schön, weil es wahr wirkt. Es ist wahr, weil es genau ist. In Sprache, in Ton, in Haltung.
Wenzel Noch verschont von großen Kriegen ist ein Album, das Sie länger begleitet. Es ist ein Stück Gegenwartsmusik, das die Zukunft aushält. Es ist ein Haus mit offenen Fenstern. Man hört hinein. Man schaut hinaus. Und man möchte wiederkommen.
Wer heute wissen will, was Liedkunst kann, sollte hier hören. Wer spüren will, was Worte leisten, sollte hier lesen, was gesungen wird. Wer ahnt, dass wir nur „noch“ verschont sind, findet hier das richtige Maß an Demut und Widerstand. Dieses Album ist kein Ornament. Es ist ein Werkzeug. Und es ist, gerade darum, ein Geschenk.
Das Album "Noch verschont von großen Kriegen" von Wenzel bietet eine tiefgehende musikalische Erfahrung. Wenn Sie mehr über Wenzels Werke erfahren möchten, könnte Sie auch das Album "Wenzel Vollmond" interessieren. In der Kritik zu Wenzel Vollmond finden Sie eine detaillierte Analyse und Vorstellung dieses Werks.
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